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Analysieren, verstehen und verbessern

Das Projekt «Spital der Zukunft» geht in die zweite Runde. Mit E-Health- Instrumenten und Standards sollen im Folgeprojekt «Spital der Zukunft Live» die Versorgungsqualität und die Patientensicherheit verbessert werden.

Die Leistungen im Schweizer Gesundheitswesen geniessen einen guten Ruf, haben aber ihren Preis. Von Jahr zu Jahr steigen die Kosten. Laut den provisorischen Zahlen des Bundesamtes für Statistik (BFS) für das Jahr 2014 stiegen die Ausgaben für das Gesundheitswesen auf 71,2 Milliarden Franken. Das sind 2,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Ein kleiner Trost: Dieser Wert liegt unter dem Trend der letzten fünf Jahre, als die Kosten um 3,3 Prozent anstiegen.
Im Vergleich dazu betrug der Zuwachs der Schweizer Wirtschaftsleistung 1,2 Prozent. So hat sich der Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandprodukt (BIP) von 10,9 Prozent auf 11,1 Prozent erhöht. Gemessen an der Wirtschaftskraft sind die Schweizer Ausgaben für Gesundheit so hoch wie in den Niederlanden (11,1 Prozent). Knapp darunter liegen Schweden (11,0), Deutschland (11,0) und Frankreich (10,9).

E-Health stärker einsetzen
Trotz garantiertem Zugang zur Gesundheitsversorgung und hoher Qualität weist das System auch einige Schwächen auf. Viele Prozesse und der damit verbundene Daten- und Informationsaustausch sind nicht durchgängig, die Transparenz ist beschränkt und es fehlt an gezielter Steuerung. Bis heute agieren die Leistungserbringer zu wenig koordiniert und die modernen Informationstechnologien (E-Health) werden zu wenig eingesetzt. Um die Schwächen im Gesundheitssystem zu beseitigen und das System nachhaltig zu stärken, hat der Bundesrat im Rahmen der Agenda Gesundheit 2020 vier übergeordnete Handlungsfelder verabschiedet:

  • Lebensqualität sichern
  • Chancengleichheit und Selbstverantwortung stärken und erhöhen
  • Versorgungsqualität sichern und erhöhen
  • Transparenz schaffen, besser steuern und koordinieren

Die vier Handlungsfelder mit 12 Zielen und 36 Massnahmen sollen das Schweizer Gesundheitswesen auf die kommenden Herausforderungen ausrichten. In den laufenden Prozess sind alle wichtigen Akteure wie Kantone, Leistungserbringer, NGOs, Wissenschaft und Wirtschaft miteinbezogen. Um die Versorgungsqualität und die Patientensicherheit zu sichern und zu erhöhen, sieht die Reformagenda Gesundheit2020 denn auch den Einsatz von E-Health-Instrumenten vor. Als wichtige Massnahmen sind die Einführung und Förderung des elektronischen Patientendossiers, der E-Medikation sowie die digitale Unterstützung von Behandlungsprozessen aufgeführt.

Spital der Zukunft Live
Rund ein Drittel (25,8 Milliarden Franken) der Gesundheitsausgaben fallen in Spitälern an. Eine Studie von economiesuisse und GS1 Schweiz hat vor zwei Jahren die Logistikprozesse in den Spitälern unter die Lupe genommen. Ein wichtiges Thema mit viel Einsparungspotenzial. Das Resultat: Was, wann und wo abgegeben, verbraucht oder angeschafft wird, bleibt oft im Verborgenen.
Die Versorgungskette im Gesundheitswesen ist durch zahlreiche Schnittstellen gekennzeichnet, die den Informationsfluss behindern oder gar unterbrechen. Dafür gibt es gemäss Prof. Dr. Jürgen Holm zahlreiche Ursachen: «Die Akteure haben kein gemeinsames Verständnis des Problems, oft wird zwischen analogen und digitalen Kommunikationsmedien gewechselt und es fehlen anerkannte Standards. Der Informationsfluss im Spital ist das entscheidende Element für eine sichere und effiziente Versorgungskette im Spital.»
Mit dem Prozessanalyse-Werkzeug IXPRA, welches im Rahmen der Studie entwickelt wurde, können die zahlreichen Schnittstellen innerhalb des Spitals visualisiert und analysiert werden. Auch die typischen vor- und nachgelagerten Prozesse beim Hausarzt, der Rehabilitation und der häuslichen Pflege können miteinbezogen werden. Zusätzlich kann IXPRA Prozesse modellieren und einen optimalen und organisationsübergreifenden «End-toend »-Behandlungspfad abbilden. Mit dem Anschlussprojekt «Spital der Zukunft Live» sollen nun die Erkenntnisse aus der Studie umgesetzt werden.
«Im Wesentlichen geht es dabei um die Beseitigung von Unterbrüchen im patientenorientierten Behandlungspfad in Verbindung mit einer optimierten Supply Chain», betont Erwin Zetz, Senior Management Consultant Healthcare bei GS1 Schweiz. Als Beispiel führt er die dramatische Zunahme von Produktefälschungen, schlechte oder gar nicht vorhandene Rückverfolgbarkeit sowie manuelle Eingriffe und Medienbrüche auf.

Von Schnittstellen zu Nahtstellen
Die komplexen Abläufe zwischen den unterschiedlichen Akteuren und deren Aufgabenbereichen, den vielfältigen Informations- und Datenmanagementsystemen werden im Medizininformatiklabor der Fachhochschule Bern greifbar. Hier sind die wichtigsten Institutionen des schweizerischen Gesundheitswesens realitätsnah abgebildet. Ob Hausarzt, Apotheke, Labor, Krankenkasse oder Operationssaal, jeder einzelne Vertreter aus dem Gesundheitswesen ist mit seinen Kerneinrichtungen und Softwarelösungen in den Laborräumlichkeiten präsent. Hier lebt auch die fiktive Familie Brönnimann. Ihre Geschichte mit all ihren Krankheitsdaten «lebt» in den unterschiedlichen Informationssystemen. So können die Vital- oder Behandlungsdaten von Frau Brönnimann vom Hausarzt zur Apotheke, zum Spital und weiter zur Krankenkasse geschickt werden. Mit diesem Vorgehen visualisiert das Medizininformatiklabor, wie Softwareanwendungen im Gesundheitswesen arbeiten, wie Interoperabilität aussieht und wo es zu Informationsbrüchen kommt. Im Medizininformatiklabor wird das vielschichtige Gesundheitswesen begreifbar.
Das Projekt «Spital der Zukunft Live» will Schnittstellen zu Nahtstellen machen. Dazu sind globale Standards nötig. Wer also bessere, schnellere und sicherere Abläufe, keine Redundanzen, klare Rückverfolgbarkeit und Transparenz will, der setzt auf eine einheitliche Sprache. Am Beispiel der fiktiven Patientin Frau Brönnimann soll ein organisationsübergreifender Behandlungspfad ohne Informationsbrüche definiert und als Prototyp im Labor umgesetzt werden. Alle Behandlungen, Untersuchungen, Einweisungen und Abrechnungen erfolgen unter dem Aspekt moderner Informations- und Identifikationstechnologien. Die Projektergebnisse fliessen in ein Referenzmodell ein und stehen allen Projektpartnern exklusiv zur Verfügung. In erster Linie soll der Patient dank verbesserten Informationsflüssen von mehr Sicherheit, Qualität und Transparenz im Behandlungsablauf profitieren.
Das Projekt «Spital der Zukunft» ist ein weiterer Baustein, um die gesetzlichen Vorgaben im Bereich von E-Health zu erfüllen. Dabei haben globale Standards und moderne Informations- und Kommunikationstechnologien eine grosse Bedeutung.

Joachim Heldt

Projektpartner
Das Projekt «Spital der Zukunft Live» unterstützen folgende Firmen und Institutionen:
• Berner Fachhochschule
• BPM&O GmbH
• eHealth Suisse
• Grünenthal GmbH
• HCI Solutions AG
• HCRI AG
• IHE
• Inselspital Bern
• Johnson & Johnson AG
• Kantonsspital Graubünden
• Kühne + Nagel AG
• Mathys (Schweiz) AG
• Noser Management AG
• Novartis AG
• Spital Zollikerberg
• Spitalzentrum Biel
• Universitätsspital Basel

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