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Viel Sportgeist auf Lager

Helen BrunnerHelen Brunner trimmt die Schweiz fit: Die Logistikfachfrau koordiniert den Handel mit Hometrainern. Dank der Ausbildung bei GS1 Schweiz hat sie ihre Kreativität neu entdeckt.

(sp) Möglicherweise war es die Cremeschnitte, die Helen Brunner, 29, dazu inspiriert hat, das Lager zu wechseln. Die gelernte Bäckerin und Konditorin aus Neuenkirch erfreute sich wohl an der logischen Schichtung von Teig und Vanillecreme, doch irgendwie schien es nicht ihr Ding, sich Gedanken über Glasuren und Farben zu machen, Torten zu verzieren oder etwa das Partybrot neu zu erfinden.

«Ich brauche eine Arbeit, bei der ich in strukturierten Abläufen denken kann», lacht sie und gibt unumwunden zu, dass sie noch heute Cremeschnitten oder Mandelgipfel über alles liebe, allerdings als Logistikfachfrau die Liebe zu einem andern Beruf entdeckt habe.

 Für mehr Rückgrat
Dass man ihr die Vorliebe für Süsses nicht ansieht, hat auch mit ihrem aktuellen Arbeitgeber zu tun. Und mit ihrem quirligen Wesen, für das es eine Geduldsprobe bedeutet, eine Interviewstunde lang still zu sitzen. Normalerweise sitzt sie auf einem KeilSitzkissen – bekannt als die Farbigen mit den Noppen, die man auf die Sitzfläche des Bürostuhls legt. Diese Dinger würden zwar keinen Schönheitswettbewerb für Bürostühle gewinnen, dafür lindern sie Rückenbeschwerden und fördern die aufrechte Haltung. Die Kissen sind ein Vertriebszweig der Trisport AG in Hünenberg. Das Unternehmen beliefert Sportgeschäfte, Warenhäuser und den sportnahen Einzelhandel mit Fitnessgeräten und luftgefüllten Trainingsund Therapiegeräten aus PVC. Obwohl Helen Brunner eine erklärte Bewegungsaktive ist – «Ich brauche Sport und plane ihn regelmässig ein» –, war es vornehmlich der Arbeitsinhalt, der sie vor drei Jahren zur Trisport AG ins Industriegebiet von Hünenberg führte. Dort, in einem dieser tonlosen XXLContainer, fand sie, was sie in der «zu kreativen» Backstube vermisste: eine Arbeit in Prozessen und mit klarer Verantwortung.

Die Frau vor Ort
Helen Brunner ist Sachbearbeiterin Beschaffung in einem 13köpfigen Team, den Aussendienst inbegriffen. «Auch hier ist kein Tag wie der andere und manchmal Kreativität gefragt, besonders wenn die Auslieferung der Fitnessgeräte nicht nach Plan verläuft», strahlt sie. In der Hochsaison, die auf den Spätsommer fällt, liefern die Spediteure täglich bis zu 300 Fitnessgeräte ins PostLogisticsLager in Dintikon an. Die Hometrainer der Marken Kettler stammen aus Deutschland, jene von Life Fitness aus den USA – sie werden via Deutschland importiert. Die Trisport AG arbeitet eng mit PostLogistics zusammen. «Das ist für uns ideal», beteuert Helen Brunner. Sie bestellt die Ware, PostLogistics kommissioniert und liefert nach Anweisung von Helen
Trisport ist Generalimporteur für die Schweiz von Fitnessgeräten der Marken Kettler und Life Fitness. Das Unternehmen mit Sitz in Hünenberg vertreibt zusätzlich ausgesuchte Produkte der Marke TOGU im schweizerischen Sportund sportnahen Einzelhandel. Dazu zählen alle führenden Sportfachgeschäfte und Sportfachmärkte sowie die Sportabteilungen von Warenhäusern. Die Trisport AG beschäftigt 13 Mitarbeitende.
Brunner einzelne Teile oder ganze Ladungen. Diesen Part übernehmen manchmal auch Montagepartner, die den Kunden fixfertig montierte Geräte bringen. Die meisten Geräte würden in den Grossräumen Zürich und Genf abgesetzt, verrät Helen Brunner. Wer sich zu Hause fit trimmen will, bezahlt für ein einfaches KettlerGerät ab 1000 Franken; jene der teureren Linie Life Fitness sind ab 4000 Franken zu haben. Luxusausführungen klettern bis auf 19 000 Franken. Zwei bis maximal zehn Tage warten die Fitnessgeräte im Lager Dintikon. Läuft es einmal nicht rund, fährt Helen Brunner hin und sieht nach dem Rechten. «Vor Ort im Lager kann man die Dinge sofort besprechen und vielfach auch lösen.»

Die Welt ist planbar
Dass Helen Brunner mit den Logistikexperten aufs Haar genau mitredet, hat mit ihrer Freude an Prozessen zu tun: Sie belegte den GS1 Lehrgang Logistikfachfrau und verwies im Herbst 2009 mit der besten Logistikfachprüfung 19 Klassenkameraden und zwei Klassenkameradinnen auf die Plätze. «Ich wusste sofort», sagt sie zur Ausbildung, «das ist meine Welt: strukturierte Abläufe einhalten, in Prozessen arbeiten und die Absatzplanung sauber führen.» Aufgrund der Ausbildung erkenne sie die Schnittstellen viel besser und könne das Verhalten der Logistikpartner nachvollziehen, manchmal sogar antizipieren. Suspekt schien ihr einzig die Männerdominanz in der Ausbildungsklasse: «Organisieren liegt doch in der Natur der Frauen.» Sie zum Beispiel läuft zu Hochform auf, wenn sie Unwissenden die rollierende Planung erklären kann oder wenn es wieder jenen Mittwoch im Monat trifft, an dem diese periodenorientierte Planungsform auf den aktuellen Stand zu bringen ist. «Wir geben unseren Lieferanten eine Jahresbestellung auf. Diese überarbeiten wir alle Monate für die nächsten drei Monate.» So erkenne der Hersteller auf lange Sicht, was in etwa auf ihn zukomme, und kurzfristig, was genau gefragt sei. Mit dem frisch erworbenen Logistikfachwissen hat sie die Planungsabläufe bei Trisport neu strukturiert. Doch selbst der beste Schulrucksack bewahrt nicht vor dem klassischen Logistik Dilemma: «Die Balance zwischen tiefen Lagerkosten und hundertprozentiger Lieferfähigkeit ist die grösste Herausforderung.» Mehrmals täglich telefoniert Helen Brunner mit den Herstellern in Deutschland. Sie reiste auch schon hin und lernte ihre Ansprechpersonen kennen. Der persönliche Kontakt sei ihr wichtig. Habe man sich einmal gesehen, sei es einfacher, Verständnis für den andern aufzubringen. «Wenn alles um mich herum so erledigt ist, dass alle weiterarbeiten können, habe ich mein Tagesziel erreicht», sagt sie.

Team trägt mit
Genau sein schliesst bei Trisport die Geselligkeit nicht aus: Das Team in Hünenberg hält gemeinsame CafeteriaZeiten hoch und trifft sich meist darüber hinaus am Mittagstisch. Den Abend freilich behält sich Helen Brunner für ihre Kolleginnen oder für den ErgoRace vor. Anderthalb Stunden tritt sie auf dem Spinningtrainer in die Pedale; das sei für einen winterlichen Fernsehabend geradezu ideal. Privat weichen die Prozesse den spontanen Begegnungen. «Privat bin ich glücklich, wenn nicht alles durchorganisiert ist», beteuert sie und schwärmt bereits von Bergtouren, die im Sommer die Brunnerschen Wochenenden bereichern werden. Und von den Cremeschnitten, deren Kalorien bei so viel Temperament in der Luft verpuffen, statt sich an der Hüfte festzubeissen.

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