gs1-neton-header-01.jpg

Multispezialist in der Offensive

Bertrand Jungo, CEO Manor AG(jh) Die Geschichte von Manor beginnt Ende des 19. Jahrhunderts. Das erste Warenhaus «Léon Nordmann» wurde 1902 in Luzern eröffnet. Heute zählt Manor 72 Warenhäuser in der Schweiz. Bertrand Jungo, CEO Manor AG, hat vor drei Jahren den Konzern strategisch neu ausgerichtet. Heute präsentiert sich die Marke mit einem klaren Profil. Bertrand Jungo im Gespräch mit GS1 network über Herausforderungen, Zusammenarbeit und Motivation.

 

GS1 network: Als Chef der grössten Warenhauskette der Schweiz müssen Sie vorausblicken. Welchen Geschäftsverlauf erwarten Sie für die nächsten drei Jahre?
Bertrand Jungo: Im aktuellen Umfeld sind Prognosen schwierig. Wir werden aber unseren Weg weiter wie bisher gehen und bleiben vorsichtig optimistisch.

Welche Auswirkungen hatte die Finanzkrise 2008 auf Manor? Gehen Sie davon aus, dass der Konsument weniger ausgeben wird?
2008 hatte die Finanzkrise keine Auswirkungen auf unseren Geschäftsverlauf, die Konsumentenstimmung war sehr gut. Ich glaube auch nicht, dass die Konsumenten 2009 generell weniger ausgeben werden, sondern eher kritischer das Preis-Leistungs- Verhältnis betrachten. Innovative und trendige Qualitätsprodukte zu erschwinglichen Preisen werden auch dieses Jahr gefragt sein. Auf die aktuelle Wirtschaftslage sind wir somit bestens vorbereitet.

Welches sind Ihre aktuellen  «Challenge-Themen»?
Eine grosse Herausforderung für uns, wie auch alle anderen, sind natürlich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Dann wollen wir 2009 weiter an unserem Markenversprechen «donnons du style à la vie» arbeiten und die Preiswahrnehmung beim Kunden verbessern, da wir generell teurer wahrgenommen werden, als wir tatsächlich sind. Im Bereich der Supply Chain legen wir den Fokus auf die Warenrotation.

Und wie beurteilen Sie den von Coop initiierten Preiskampf im Detailhandel?
Der gesamte Schweizer Detailhandel bereitet sich auf den Markteintritt von Lidl vor, die zukünftige Marktentwick  lung ist jedoch nicht im Detail absehbar. Als Reaktion auf die Massnahmen der Konkurrenz haben auch wir die Preise von über 600 Produkten angepasst, gehen jedoch keinesfalls in Richtung Discounter. Unsere Positionierung in den Manor Food Märkten beruht weiterhin auf Frische, Qualität und Lokalprodukten mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis.

Wer sind Ihre Kunden und welche Erfahrungen machen Sie mit Ihrem Markenversprechen?
Wir sind in der Mitte positioniert. Unsere Kunden sind Frau und Herr Schweizer, die bei uns durchgängig alle Bedürfnisse für ihren ganz persönlichen Lebensstil abdecken können. Unser im Frühling 2008 eingeführtes Markenversprechen «donnons du style à la vie» macht dies deutlich. Die 2008 erreichte Umsatzsteigerung zeigt, dass unser Claim offenbar die Kunden erreicht hat und wir uns auf dem richtigen Weg befinden.

Wie beurteilen Sie die flächendeckende Expansion im Handel?
Die Kundenbedürfnisse haben sich gewandelt. Kunden wollen nicht nur einkaufen, sondern wünschen ein Einkaufserlebnis in attraktivem Ambiente auf grosszügigen Flächen. Diesen Anspruch wollen auch wir erfüllen und haben eine stark expansive Phase hinter uns. In S. Antonino, Vésenaz und Biel haben wir im Jahr 2008 neue Häuser eröffnet.

Welche Zukunft geben Sie dem Konzept Warenhaus?
Ich sehe eine grosse Zukunft voraus. Das uniforme Warenhaus-Image hat sich vom Generalisten zum Multispezialisten gewandelt. Das heutige Warenhaus ist Ort der Unterhaltung, der Entspannung, des Treffpunkts und der Freizeit, speziell in der Innenstadt. Warenhäuser als Multispezialisten konkurrenzieren mit ihren einzelnen Abteilungen direkt mit den Fachmärkten und müssen überdurchschnittliche Leistungen zeigen, um bestehen zu können. Nur wer seine Kunden gut kennt und flexibel auf die sich immer rascher ändernden Kundenbedürfnisse eingeht, kann sich im Wettbewerb auf Dauer behaupten.

Und wie entwickelt sich das Unternehmen Manor?
Wir konzentrieren uns darauf, der beste Multispezialist der Schweiz zu werden. Unser Claim steht weiterhin im Mittelpunkt unseres gesamten Handelns. Innovative Sortimente, inspirierende Verkaufsstandorte, ein imageprägender Werbeauftritt und motivierte, kompetente Mitarbeitende zeichnen uns aus. Schnelles Umdenken am sich ständig verändernden Markt behält für Manor absolute Priorität.

Welchen Beitrag leistet Manor zum Thema Nachhaltigkeit?
Manor legt grossen Wert auf eine nachhaltige Entwicklung in den drei Dimensionen Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft. So haben wir zum Beispiel unsere Anforderungen an unsere Lieferanten in aller Welt in einem «Code of Conduct» festgeschrieben, um sicherzustellen, dass die Arbeitsbedingungen der Angestellten sozial gerecht gestaltet sind. Die Einhaltung des Verhaltenskodex wird durch unabhängige Institute kontrolliert. Auch im Bereich Umwelt gibt es diverse Engagements. Ich denke etwa an optimierte Planungsverfahren, welche den Einsatz ökologischerer Transportträger und damit eine Reduktion des CO2- Ausstosses in der Logistik erlauben. Auf Produktebene gibt es weitere Beispiele, so etwa die laufende Um stellung auf nachhaltigen Fischfang oder die Bio-Zertifizierung zahlreicher Eigenprodukte. Nachhaltigkeit im wirtschaftlichen Sinn wird auch erreicht, wenn wir als Unternehmen mit unserem gesellschaftlichen und umweltbezogenen Engagement die Verbraucher überzeugen.

China ist der grösste Spielzeugexporteur der Welt. Die Medien berichten immer wieder über Skandale bei der Produktion. Wie begegnen Sie solchen Risiken?
Alle direkten Lieferanten müssen unsere Qualitätsanforderungen und unseren Verhaltenskodex strikt befolgen. Die Einhaltung wird von unabhängigen Kontrollinstituten vor Ort überprüft. Nichteinhaltung kann in einer Beendigung aller Geschäftsbeziehungen resultieren. Bei Fremdmarken sind wir aber abhängig von den Anbietern. Bei diesen müssen wir darauf vertrauen, dass ihre Artikel unter Einhaltung aller gängigen Qualitätsstandards produziert werden und dass aus eventuellen Fehlern die nötigen Konsequenzen gezogen werden.

Manor verfügt über moderne Werkzeuge im Supply Chain Management. Was sind die nächsten konkreten Schritte, die Sie einleiten werden, um die Wertschöpfungskette weiter zu optimieren?
Es stimmt, dass wir eine sehr moderne Supply Chain haben und auf diesem Gebiet bereits mehrmals nationale und internationale Auszeichnungen erringen konnten. In den kommenden Jahren liegt unser Fokus vor allem im Bereich der Erhöhung des Warenumschlags. Dieser wird durch verschiedenste Faktoren beeinflusst. Einige davon erfordern ein anderes Zusammenarbeiten mit den Lieferanten. Ein wichtiges Ziel ist es, unsere Warenströme so umzustellen, dass mehr Ware im Sinne der Plattformlogistik über unsere Verteilzentralen an unsere Warenhäuser geliefert wird. Dies erfordert eine weitere Intensivierung der Zusammenarbeit mit den Lieferanten.

Sie sprechen damit das Thema Collaboration an. Entspricht die Collaboration mit den Lieferanten Ihren Vorstellungen? Welche Botschaft möchten Sie an dieser Stelle an Ihre Lieferanten richten?
Die Möglichkeiten von Collaboration werden heute noch zu wenig genutzt. Hier gibt es noch viel Verbesserungspotenzial. Zum einen haben wir ein grosses Interesse daran, dass die Lieferanten beschleunigt in elektronische Liefermeldungen sowie in elektronische Rechnungen investieren. Ein weiteres grosses Potenzial liegt auch insofern brach, dass entlang der Wertschöpfungskette noch zu viele Unzulänglichkeiten in den Prozessen bestehen. Die zweite Botschaft ist deshalb, dass unsere Lieferanten ebenfalls vermehrt in Operational Excellence investieren sollten.

Inwieweit kann GS1 Schweiz Ihr Unternehmen in den Optimierungsvorhaben unterstützen? Was erwarten Sie von GS1 Schweiz?
GS1 ist für Manor eine wichtige Organisation. Entsprechend engagieren wir uns auch in diesem Verband. Ich erwarte, dass GS1 Schweiz weiter an der Umsetzung der Vision arbeitet, das Kompetenzzentrum der Wirtschaft für Standards, Logistik, Supply- sowie Demand- Management zu sein. Denn gute, zukunftsträchtige Standards helfen nicht nur den an der Wertschöpfungskette der Konsumgüterindustrie bzw. des Handels Beteiligten, sondern sie bedeuten bei erfolgreicher Umsetzung einen nationalen Standortvorteil.

Wie erreichen Sie, dass Ihre Mitarbeitenden die ihnen anvertrauten Aufgaben mit Engagement erfüllen?
Neben rationellen Faktoren wie zum Beispiel Lohn und Arbeitsbedingungen setze ich stark auf die emotionale Komponente. Inspiration, eine begeisternde Unternehmensvision, Glaubwürdigkeit, eine grosse Eigenverantwortung und die Möglichkeit, etwas zu leisten, spielen eine grosse Rolle bei uns. Entscheidend ist das Gefühl der Begeisterung, das ich jedem einzelnen Mitarbeitenden vermitteln möchte.

Die Fragen stellte Joachim Heldt.

Nach oben