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Eindeutige Identifikation von Migros-Tauschgebinden

Mirgros-TauschgebindeNach ersten positiven Erfahrungen der Migros beim Einsatz von RFID in der Logistik ist der Entscheid gefallen, einen beträchtlichen Teil der Migros- Tauschgebinde mit Barcode- und RFID-Etiketten auszurüsten. Dabei setzt die Migros konsequent auf GS1 Standards.

(pb) Die Migros besitzt einen eigenen Gebindepool (Transportbehälter), mit welchem ein grosser Teil der Wertschöpfungskette von der Migros-Eigenindustrie und von mehreren hundert Drittlieferanten bis in die Migros- Filialen abgedeckt wird. Der Einsatz von Mehrweggebinden hat sich dabei im Vergleich zu Einwegkartons als ökonomischer und ökologischer erwiesen. Nun wird der Mehrwert einzelner Migros- Tauschgebinde durch den Einsatz von Gebinde-Identifikationsetiketten (Gebinde-ID) noch weiter erhöht. Dabei kommen kombinierte Barcodeund RFID-Etiketten zum Einsatz.

Supply-Chain-Transparenz
Zum heutigen Zeitpunkt sind die einzelnen Migros-Tauschgebinde – es existieren verschiedene Typen mit unterschiedlichen Grundflächen und Höhen – nicht eindeutig identifizierbar. Um die Gebinde in der Wertschöpfungskette zu identifizieren oder um Anlagen zu steuern, auf denen die Gebinde kommissioniert werden, setzen die Betriebe Stecketiketten ein.
Ausgangspunkt ist die Vision des Logistikgremiums der Migros-Gemeinschaft (Kommission Logistik-Systeme), nach der langfristig alle Migros-Mehrweggebinde mit RFID-Technologie ausgezeichnet werden sollen. Ziel des Einsatzes von RFID in der Logistik ist es, die Transparenz in der gesamten Wertschöpfungskette zu erhöhen. Der Nutzen entsteht dabei nicht durch den Einsatz einer bestimmten Technologie (RFID), sondern durch die eindeu-tige Identifizierbarkeit der einzelnen Tauschgebinde. Diese ermöglicht eine bessere Synchronisation des Warenund Informationsflusses, wodurch der gesamte Belieferungsprozess flexibler und widerstandsfähiger wird.

RFID und Barcode als komplementäre Technologien
Barcodes und RFID stehen nicht in Konkurrenz zueinander, sondern sind komplementäre Technologien. Je nach Anwendung kommt die besser geeignete Technologie zum Einsatz. RFID bietet allerdings Zusatznutzen wie das kontaktlose Lesen über grössere Distanz, die Möglichkeit der Pulklesung und die Beschreibbarkeit.
In einem umfangreichen Projekt mit Labor- und Pilotversuchen wurden die technischen Fragestellungen abgeklärt. Die optimale Position der Etiketten, deren Anzahl sowie die Anbringungsmethode wurden eingehend getestet. Die gewählten Lösungen haben sich in der Praxis bewährt. Die Grundvoraussetzungen für eine Umrüstung im grossen Stil wurden damit geschaffen. Zum Einsatz kommen passive RFID-Transponder. Bei der Übertragungsfrequenz hat sich der UHF-Bereich (Frequenzbereich 860–960 MHz) als für die Migros-Anwendungen am besten geeignet herausgestellt.
Die Migros setzt beim Einsatz von Barcodes und RFID konsequent auf die Standards von GS1 und EPCglobal (EPC Gen2). Die Gebinde werden mit dem Global Returnable Asset Identifier (GRAI) eindeutig identifiziert. Die Information wird im GS1-128 Strichcode dargestellt, auf dem RFID-Transponder sind die Daten als GRAI-96 gespeichert. Auch im Bereich IT/Systemintegration setzt die Migros durchgehend auf den EPC-Standard (EPC-Informationsservices EPCIS).

Umrüstungsentscheid und erste Anwendungen
Nachdem zunächst ein erster Gebindetyp mit einigen zehntausend Gebinden umgerüstet wurde (vgl. GS1 network Nr. 1/2010), konnten schnell erste Anwendungen realisiert werden. Dabei bestätigten sich auch die Annahmen bezüglich Wirtschaftlichkeit. Nun geht die Migros den eingeschlagenen Weg konsequent weiter. Sie hat sich deshalb entschlossen, zwei weitere Gebindetypen (BN und CN) vollständig mit Gebinde-ID-Etiketten auszustatten. Es handelt sich um mehrere Millionen Gebinde, die in den nächsten drei Jahren ausgerüstet werden. Die eigentliche Nachrüstung der bestehenden Gebinde stellt dabei eine Herausforderung dar, da es keinen Ort gibt, an dem alle Gebinde mit Sicherheit vorbeikommen.
Es sind also über die Schweiz verteilt mehrere Ausrüstungsstandorte nötig, die nach Bedarf auch verschoben werden können. Aus diesem Grund wird zunächst mit einer manuellen Ausrüstungslösung gestartet. Eine zukünftige (Teil-)Automatisierung des Ausrüstungsprozesses ist in Prüfung.
Mit der Ausrüstung der Tauschgebinde mit Gebinde-ID-Etiketten schafft die Migros die Grundlage für die Entwicklung unterschiedlichster Anwendungen. Deren Planung und Vorbereitung startet parallel zur Umrüstung in verschiedenen Migros-Betrieben. Die möglichen Anwendungen sind dabei vielfältig:

  • Versand und Wareneingang
  • Lagerabwicklung, Inventur
  • Kommissionierung
  • Gebindebewirtschaftung
  • Steuerung automatisierter Anlagen
  • Sendungsverfolgung, Rückverfolgbarkeit

Denkbar ist auch, dass sich weitere, heute nicht vorhersehbare Anwendungen und Auswirkungen ergeben wie beim Barcode, der zunächst das Kassieren am POS (Point of Sale) vereinfachen sollte und heute zur Steuerung der ganzen Supply Chain dient.
Zunächst werden vorwiegend betriebsinterne Anwendungen entstehen. Aber auch Drittanwendern von Migros-Tauschgebinden steht eine interne Nutzung offen. Bis sich betriebsübergreifende Anwendungen entwickeln, wird es noch einige Zeit dauern. Durch die Verknüpfung des Transportgebindes mit seinem Inhalt (beim Produzenten) sollen dereinst die Voraussetzungen geschaffen werden, um in den nachfolgenden Prozessen der Supply Chain (Verteilung, Kommissionierung) die Potenziale nutzen zu können. Regeln und Prozesse hierfür (zum Beispiel für den gegenseitigen Datenzugriff ) sind derzeit in Entwicklung.

Ausblick
Die RFID-fähigen Mehrwegtransportbehälter werden in der Migros-Logistik bereits in nächster Zeit Tatsache. Ob die Gebinde-ID-Etiketten auf weitere Gebinde ausgeweitet werden, wird sich zeigen.
Neben den Anstrengungen zur Erhöhung der Transparenz in der Logistik beobachtet die Migros aktiv die Entwicklungen anderer Retailer, welche wieder vermehrt den Einsatz von RFID in der Filiale (vor allem im Textilbereich) forcieren. Auch in diesem Bereich wird sich in den kommenden Jahren einiges bewegen.

Paul Bühler
Projektleiter, Migros-Genossenschafts-Bund, Abteilung Logistik-TA

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