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Vorsicht bei der Nutzung von ausländischen Dienstfahrzeugen

Das Führen ausländischer Motorfahrzeuge ist Personen mit Wohnsitz in der Schweiz untersagt und kann die Betreffenden teuer zu stehen kommen.Auch im Bereich von Strassenfahrzeugen gibt es spezielle Zollvorschriften und andere gesetzliche Regelungen, die zwingend beachtet werden müssen. So dürfen Dienstfahrzeuge nur mit Einschränkungen in der Schweiz gefahren werden.

Wer viel im Dienste des Auftraggebers unterwegs ist, erhält nicht selten von diesem ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt. In dem Zusammenhang werden die private Nutzung im In- und Ausland - zum Beispiel für Ferienfahrten -, die Haftung, die Kostenverteilung und anderes im Vertrag detailliert geregelt. Soweit Arbeitgeber und Arbeitnehmer im gleichen Zollgebiet wohnen, reichen diese vertraglichen Regelungen im Allgemeinen aus. Wenn der Arbeitnehmer aber im Ausland wohnt, bedarf es mehr als nur vertraglicher Regelungen.

Der Fall Schulze
Es ist Freitagabend, Herr Schulze geniesst die Heimfahrt nach Küttigen und stimmt sich nach einer anstrengenden Arbeitswoche auf ein gemütliches Wochenende mit seiner Frau ein. Die Freude über seine Beförderung in einem grösseren deutschen Beratungsunternehmen ist noch nicht verflogen, und das seiner neuen Stellung angemessene Dienstfahrzeug, ein VW Scirocco, riecht noch neu.
Am Zollübergang wird Herr Schulze angehalten. Offenbar wieder einmal eine Routinekontrolle. Der Zollbeamte runzelt die Stirn und will wissen, wie lange Herr Schulze das Fahrzeug bereits fahre. Nichts Böses ahnend, gibt dieser wahrheitsgemäss an, dass er das Dienstfahrzeug seit gut zwei Monaten benutzen dürfe und seither damit von Küttigen an seinen Arbeitsort in Freiburg im Breisgau pendle. Auf Nachfrage hin bestätigt er, dass er das Dienstfahrzeug auch privat verwenden dürfe. Der Zöllner scheint nicht zufrieden zu sein und bittet Herrn Schulze, an die Seite zu fahren. Was nun kommt, trifft Herrn Schulze komplett unvorbereitet.
Was ist hier los? Der Fall beinhaltet gleich zwei Problemkreise, die eng miteinander verknüpft sind: Sowohl das Zollrecht als auch die Regelung betreffend die Verkehrszulassung verlangen, dass in einem solchen Fall im Voraus Bewilligungen eingeholt werden müssen.

Zollgesetz: Automobil- und Mehrwertsteuer
Im Vordergrund steht der Grundsatz von Artikel 7 des Zollgesetzes, wonach alle Waren, die ins Zollgebiet oder aus dem Zollgebiet verbracht werden, zollpflichtig sind und veranlagt werden müssen. Allerdings hat die Schweiz 1956 das Zollabkommen über die vorübergehende Einfuhr privater Strassenfahrzeuge ratifiziert. So können Personen aus einem Vertragsstaat mit ihrem Fahrzeug in einen anderen Vertragsstaat einreisen, ohne dass das Fahrzeug verzollt werden muss, sofern es später wieder ausgeführt wird. Eine Hauptvoraussetzung dabei ist jedoch, dass die Person, welche das Fahrzeug einführt, ihren Wohnsitz nicht in der Schweiz haben darf. Wer also mit seinem eigenen Fahrzeug zum Einkaufen über die Grenze führt, muss sein Fahrzeug gemäss diesem Abkommen nicht verzollen. Wer hingegen ein ausländisches Dienstfahrzeug in der Schweiz nutzen möchte, muss es grundsätzlich verzollen, sofern er seinen Wohnsitz in der Schweiz hat. Beim Grenzübertritt sind in einem solchen Fall neben vier Prozent Automobil- auch acht Prozent Mehrwertsteuer zu bezahlen. Das ist dann korrekt, wenn das Fahrzeug nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitnehmer übernommen werden soll und er es schon während des Arbeitsverhältnisses privat in der Schweiz nutzen will. Das dürfte aber nicht immer der Fall sein.
Soll das Fahrzeug nicht verzollt werden, so sieht Artikel 35 der Zollverordnung vor, dass die Zollverwaltung dem Arbeitnehmer die nur vorübergehende Verwendung des Fahrzeugs in der Schweiz erlauben kann. Konkret geschieht dies über die Bewilligung 15.30, die für 25 Franken ausgestellt wird. Diese muss beim ersten Grenzübertritt eingeholt werden. Der Arbeitnehmer darf das Fahrzeug in dem Fall aber nur für grenzüberschreitende Beförderungen im dienstlichen Auftrag, Fahrten zum eigenen Gebrauch zwischen dem Arbeitsort im Zollausland und dem Wohnort in der Schweiz oder gelegentliche Fahrten im Auftrag des Arbeitgebers zwischen dem Wohnort und einem Einsatzort in der Schweiz verwenden. Private Fahrten in der Schweiz sind nicht erlaubt. Für die Bewilligung werden die folgenden Unterlagen benötigt:

  • Identitätsausweis
  • Fahrzeugausweis
  • Bestätigung des Arbeitgebers, wonach das Fahrzeug in seinem Eigentum steht oder von ihm geleast oder gemietet wurde
  • Anstellungsvertrag (oder Kopie), aus dem hervorgeht, dass das Firmenfahrzeug nur für die oben beschriebenen Fahrten verwendet werden darf
  • Verwendungsverpflichtung (ist dem Formular 15.30 angehängt)

Das alles erklärt der Zollbeamte dem weiterhin staunenden Herrn Schulze und eröffnet ihm, dass er leider das Dienstfahrzeug nun verzollen müsse, da er zugegeben habe, es seit gut zwei Monaten in der Schweiz zu fahren und auch privat zu nutzen. Der VW Scirocco hat einen Wert von rund 32 000 Franken, Herr Schulze bezahlt also 1280 Franken für die Automobilsteuer sowie 2560 Franken Mehrwertsteuer. Da er das Fahrzeug nicht von sich aus zur Verzollung angemeldet hat, wird er zusätzlich mit einer Busse belegt.

Verkehrszulassungsverordnung: Pflicht zur Immatrikulation von Fahrzeugen
Damit ist die Angelegenheit aber noch nicht erledigt. Denn gemäss der Verkehrszulassungsverordnung ist es Personen mit Wohnsitz in der Schweiz nicht erlaubt, Fahrzeuge, die im Zollausland zugelassen sind, in der Schweiz zu fahren. Dies unabhängig davon, ob sie Eigenümer, Halter oder nur vorübergehender Verwender des Fahrzeugs sind. Es ist also ebenso wenig erlaubt, das Fahrzeug eines im Ausland wohnenden Verwandten oder Bekannten auszuleihen und damit in die Schweiz zu fahren, wie im vorliegenden Fall ein Dienstfahrzeug eines ausländischen Arbeitgebers privat in der Schweiz zu nutzen.
Das Führen ausländischer Motorfahrzeuge ist Personen mit Wohnsitz in der Schweiz untersagt und kann die Betreffenden teuer zu stehen kommen. Bild: PHOTOPRESS/EZV/Peter KlaunzerDamit soll verhindert werden, dass Personen mit Wohnsitz in der Schweiz die Versicherungspflicht und Fahrzeugkontrollen umgehen, indem sie ein im Ausland zugelassenes Fahrzeug in der Schweiz führen. Dieses Verbot kann durch die Bewilligung 15.30 einer Ausnahmeregelung zugeführt werden, sofern das Fahrzeug an mindestens zwei Wochenenden im Monat im Ausland abgestellt wird. Bleibt das Fahrzeug somit jedes Wochenende zu Hause in der Schweiz, muss es - auch wenn es dank der Bewilligung nicht verzollt werden muss - dennoch in der Schweiz immatrikuliert werden.
Unter Umständen kann in Ausnahmefällen eine Doppelimmatrikulation vorgenommen werden. Schweizerische Fahrzeuge sind allerdings ohne Ausnahme in der Schweiz zu immatrikulieren. Bei der Einfuhr, sprich Verzollung, von Fahrzeugen wird dem Halter eine Frist von einem Jahr für die strassenverkehrsrechtliche Immatrikulation eingeräumt. Danach darf das Fahrzeug ohne Schweizer Nummernschilder nicht mehr gefahren werden.

Keine Ausnahme
Das Strassenverkehrsamt verlangt in der Folge von Herrn Schulze, dass er das unfreiwillig eingeführte Fahrzeug in der Schweiz immatrikuliert. Unterlässt er dies, riskiert er, im Falle einer Verkehrskontrolle erneut gebüsst und an der Weiterfahrt gehindert zu werden. Mit einer Immatrikulation in der Schweiz ist sein Arbeitgeber aber nicht einverstanden, es muss also eine andere Lösung gefunden werden. Herr Schulze fragt nach und erklärt dem Strassenverkehrsamt, dass er das Fahrzeug unter der Woche jeweils in Deutschland abstelle und höchstens zwei Mal im Monat übers Wochenende zu seinem Wohnsitz in der Schweiz fahre. Er sei dahingehend informiert worden, dass er es unter diesen Umständen nicht in der Schweiz immatrikulieren müsse.
Das Strassenverkehrsamt klärt ihn allerdings auf, dass dies nur dann korrekt sei, wenn es sich um ein ausländisches Fahrzeug handle. Da das Dienstfahrzeug aber in den freien Schweizer Warenverkehr überführt worden sei, gebe es keine Ausnahme von der Immatrikulationspflicht. Herr Schulze verfügt nun also über ein verzolltes Dienstfahrzeug, das er in der Schweiz nicht fahren darf. Es wird ihm empfohlen, eine Bewilligung 15.30 zu besorgen und das Fahrzeug an mindestens zwei Wochenenden im Ausland abzustellen, dann werde er von der Immatrikulationspflicht befreit.
Also beschliesst Herr Schulze, in Zukunft auf private Fahrten in der Schweiz zu verzichten, und beantragt die Bewilligung. Das Gesuch wird prompt mit der Erklärung abgelehnt, dass die dadurch vorgesehene Ausnahme nur für ausländische Fahrzeuge erteilt werden könne. Herr Schulze weiss sich nicht mehr zu helfen und konsultiert einen Anwalt. Wie sich herausstellt, ist die Begründung der Zollverwaltung zwar rechtlich korrekt, im Ergebnis aber äusserst stossend und über die Massen unbefriedigend. Der Anwalt von Herrn Schulze versucht, an die Vernunft der Eidgenössischen Oberzolldirektion zu appellieren. Der zuständige Beamte erklärt ihm, der einzige Weg zur Erlangung einer Bewilligung 15.30 bestehe darin, dass Herr Schulze das Fahrzeug zuerst wieder ausführe und dann erneut eine Bewilligung beantrage.
Die Ausfuhr des Fahrzeugs gestaltet sich jedoch als praktisch unmöglich, da Herr Schulze nicht Eigentümer des Fahrzeugs ist und keine Ausfuhrpapiere des deutschen Zolls vorliegen. Letzteres ist deshalb relevant, weil damit keine zollfreie Rückführung nach Deutschland garantiert werden kann. Die vom Strassenverkehrs- und vom Zollamt vorgeschlagene Lösung ist also nicht umsetzbar. Das wird der Oberzolldirektion detailgetreu geschildert, und - welch Wunder - eine Woche später liegt die Bewilligung 15.30 in Herrn Schulzes Briefkasten. Somit kann er nun wieder von seinem Arbeitsort an seinen Wohnort fahren, ohne das Fahrzeug in der Schweiz immatrikulieren zu müssen. Die Automobil- und Mehrwertsteuer erhält er hingegen nicht zurück.

Fazit
Immer mehr Personen machen dieselbe Erfahrung wie Herr Schulze. Vor einigen Jahren konnten solche Fälle noch niederschwellig gelöst werden. In der Regel wurde auf eine anwaltliche Intervention hin ein Auge zugedrückt und die Bewilligung 15.30 rückwirkend ausgestellt, womit dann auch die Verzollung des Fahrzeugs hinfällig wurde. Diese Praxis ist durch die zuständigen Behörden uneingeschränkt beendet worden.
Wer nun denkt, dass der Schweizer Zoll besonders streng sei, irrt sich. Auch EU-Bürgern ist es nicht erlaubt, ein Fahrzeug mit Schweizer Kennzeichen im EU-Raum zu fahren. Wäre der Fall also umgekehrt verlaufen und hätte Herr Schulze in Deutschland gewohnt und in der Schweiz gearbeitet, hätte er sich beim Grenzübergang ebenfalls melden müssen. Sowohl Arbeitnehmer wie Arbeitgeber tun also gut daran, falls der Wohnsitz und der Arbeitsort des Arbeitnehmers nicht im gleichen Staat liegen, sich vorgängig über die einschlägigen Zollvorschriften zu informieren.
Es ist möglich, mit einem ausländischen Fahrzeug in die Schweiz zu fahren, ohne dieses zu verzollen oder in der Schweiz zu immatrikulieren. Dazu muss es aber bei der ersten Grenzüberschreitung angemeldet und die Verwendung bewilligt werden. Zudem kann der Immatrikulationspflicht nur entgangen werden, wenn das Fahrzeug mindestens zweimal im Monat übers Wochenende im Ausland abgestellt bleibt. Auch bei Beachtung dieser Voraussetzungen ist es jedoch dem Arbeitnehmer nicht erlaubt, das Fahrzeug in der Schweiz privat zu nutzen.

Und zum Schluss
Herr Schulze nach einer endlosen Diskussion auf dem Strassenverkehrsamt zum Beamten hinter dem Schalter: «Nehmen Sie doch endlich Vernunft an!» Die Antwort: «Bedaure. Ich bin Beamter und darf nichts annehmen.»

Désirée Mollet
lic. iur., Rechtsanwältin
SwissLegal (Aarau)

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