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Kostenfaktor Fehlbesetzung

Die schlechte Nachricht: Gemäss Schätzungen waren im vergangenen Jahr bis zu ein Drittel der Neueinstellungen von Kadern und Spezialisten im Bereich Logistik und Supply Chain Management in der Schweiz nicht erfolgreich und verursachten entsprechende finanzielle Schäden. Die gute Nachricht: Fehlbesetzungen – und damit auch die Folgekosten – können vermieden werden.

(sm) Die Folge einer Fehlbesetzung ist, dass die Stelle erneut besetzt werden muss. In der Praxis jedoch gestehen sich viele Unternehmen und Führungskräfte dies nicht ein. Der betroffene Mitarbeiter wird in einem solchen Fall aus «Kontinuitätsgründen» behalten.

Gründe für Fehlbesetzungen

Die Ursachen von Fehlbesetzungen sind vielfältig und auf beiden Seiten zu finden. Am häufigsten genannt werden unter anderem Kompromisse bei der Stellenbesetzung, wenn ein Unternehmen seinen Wunschkandidaten nicht gefunden hat. Unterschiedliche Erwartungen, nicht eingehaltene Versprechungen oder falsch eingeschätzte Kenntnisse und Erfahrungen des Kandidaten sind andere Faktoren. Weiterhin kann der Kandidat aufgrund von Unter- oder Überqualifikation nicht zur Stelle passen – oder umgekehrt die Stelle nicht zum Kandidaten. Nicht zuletzt können die Rahmenbedingungen – beispielsweise eine unattraktive Vergütung, der Arbeitsweg, der sich doch als zu lang entpuppt, oder die dem Kandidaten nicht zusagende Branche – Gründe für eine
Fehlbesetzung sein.

Kosten von Fehlbesetzungen

Die Kosten von Fehlbesetzungen sind hoch. Eine Studie von Kienbaum aus dem Jahr 2005 kommt auf Beträge, die sich bei Führungskräften auf bis das Dreifache des Jahresgehalts summieren können. Andere, aktuellere Schätzungen liegen sogar beim Vierfachen. Bei einem Logistikleiter in einem mittleren Schweizer Unternehmen (etwa 500 Mitarbeitende) mit einem durchschnittlichen Jahresgehalt von 140 000 bis 160 000 Franken ergeben sich demnach 450 000 bis 600 000 Franken.
Es wird zwischen direkten und indirekten Kosten unterschieden (siehe Kasten). Direkte Kosten sind solche, die der Trennung vom alten Mitarbeiter und einer Neueinstellung direkt zugeordnet werden können. Sie sind häufig qualitativer Natur, das heisst nicht oder schlecht messbar. Von noch grösserer Bedeutung sind die indirekten Kosten beziehungsweise Opportunitätskosten. Stellenbesetzungen im Bereich Logistik und Supply Chain Management verfolgen häufig strategische Ziele, wie beispielsweise die Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Supply Chain. Bei einer Fehlbesetzung können Projekte mit diesen Zielen erst später, nicht ausreichend oder gar nicht realisiert werden. Dies kann entscheidende Auswirkungen auf die Wettbewerbsposition des Unternehmens haben.

Erfolgsfaktoren

Zur Vermeidung von Fehlbesetzungen empfiehlt es sich, dem Leitsatz «fit the person to the job» oder «fit the job to the person» zu folgen. Dies bedeutet, dass keinesfalls Kompromisse bei der Kandidatenauswahl gemacht werden sollten. Nur wenn ein «Fit» zwischen der Aufgabe und den Fähigkeiten sowie Interessen eines Kandidaten besteht, ist die Grundlage für eine längerfristige und erfolgreiche Zusammenarbeit gegeben. Erfolgreiche Recruiter haben daher auch nicht den «leeren Stuhl», sondern stets die konkrete Aufgabe im Fokus. Ziel muss es sein, den Kandidaten zu finden, der dem Wunschprofil bestmöglich entspricht – und dieser ist in der Regel nicht arbeitslos.
Falls der richtige Kandidat trotz intensiver Suche nicht gefunden wird, muss hinterfragt werden, ob die Stelle richtig definiert ist («fit the job to the person »). Zu empfehlen ist hier, den Personalberater nicht nur für die Identifikation von Kandidaten zu nutzen («Headhunter»), sondern ihn auch bei der Definition der Stelle und einer marktüblichen Vergütung in die Pflicht zu nehmen («Consultant»). Das Risiko von Fehlbesetzungen lässt sich ferner durch die optimierte und gezielte Modulation des Auswahlprozesses vermindern. Unternehmen, die mehrstufige Auswahlprozesse nutzen und eine sorgfältige Beurteilung und Potenzialeinschätzung von Kandidaten vornehmen, treffen signifikant weniger Fehlentscheidungen. Unternehmen können also durchaus aktiv an der Minimierung des Risikos von Fehleinstellungen und daraus folgenden Kosten arbeiten.


Sven Martin
Senior Partner Logjob AG
 

Direkte und indirekte Kosten
Direkte Kosten

  • Trennungskosten (Trennungsgespräche, Administration, Abfindung, Kosten für Outplacement, Kosten der gerichtlichen Auseinandersetzung usw.)
  • Produktivitätsverlust des alten Mitarbeiters vor/nach der Kündigung
  • Produktivitätsverluste des Teams aufgrund schlechter Arbeitsatmosphäre
  • Unterbrechungen im Wissenstransfer und Arbeitsprozess
  • Mehrbelastung der verbliebenen Belegschaft
  • Vakanzkosten (Kosten für Interimsmanager oder Mehrarbeit)
  • Neueinstellungskosten (Kosten für Anzeigen, Bewerbermanagement, Interviews und Assessments, Reisekosten, Administration, Kosten für Personalberater usw.)
  • Einarbeitungskosten des neuen Mitarbeiters
  • Indirekte Kosten

Nicht realisierte, verschobene oder schlecht durchgeführte Projekte zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit und Optimierung der Supply Chain, wie zum Beispiel:

  • Restrukturierungen
  • Lean Management
  • Optimierung des Auftragsabwicklungsprozesses
  • Optimierung der Logistiknetzwerke und Systeme beziehungsweise Steigerung der Verfügbarkeit usw.

Erfolgsfaktoren
Es empfiehlt sich generell ein mehrstufiger und professioneller Auswahlprozess.
Rekrutierung des richtigen Kandidaten («fit of person»)

  • Sprechen wir die richtigen Personen an?
  • Stimmen die Qualifikationen?
  • Passt die Aufgabe/Stelle in die Entwicklung/Lebensphase?
  • Sagen die Rahmenbedingungen, zum Beispiel Vergütung, Reisebereitschaft, Arbeitsweg, zu? 
  • Definition der richtigen Stelle («fit of job»)
  • Welche Aufgabe steht hinter der Stelle?
  • Welche Kompetenzen muss der Kandidat mitbringen?
  • Wie ist die organisatorische Einordnung der Stelle (Durchsetzungskraft, Unterstützung usw.)?
  • Passt die Vergütung? Wie sehen weitere Benefits aus?

 

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