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«Sicherheit und Durchgängigkeit sind nicht gewährleistet.»

Markus Nufer, Senior Managing Consultant und Manager Government Relations, IBM SchweizMarkus Nufer, Senior Managing Consultant und Manager Government Relations, IBM Schweiz, Zürich

GS1 network: Der Gesundheitsmarkt ist ein 55-Milliarden-Markt, der wächst und Arbeitsplätze schafft. Wie sehen Sie sein Entwicklungspotenzial? Wo liegen seine Grenzen?
Markus Nufer: Der Gesundheitsmarkt ist ein stabil wachsender Markt, wird doch unsere Versorgung nicht nur immer kostspieliger, sondern auch zunehmend ineffizient und unsicher. Mangelnde Vernetzung und Transparenz führen zu Doppeluntersuchungen, erhöhen das Risiko von Fehlmedikation und schlussendlich die Kosten, die aus dem Ruder zu laufen drohen.

Ganz besonders sind die nicht transparenten Finanzströme sowie eine gewisse «Selbstbedienungsmentalität» der Bevölkerung eine besondere Herausforderung. Es stellt sich die Frage, ob die mehr als 160 Jahre alten, föderalen Strukturen und Zuständigkeiten noch lange in diesem Rahmen weitergeführt werden können.

Wie lautet Ihr Rezept (bzw. der effektivste Hebel), um der Kosten explosion im Gesundheitswesen entgegenzuwirken?
Es gibt nicht einfach DAS Rezept, um die Kostenexplosion im Gesundheitswesen in den Griff zu bekommen. Neben den dringenden Strukturbereinigungen auf Seite der Spitäler sollte die Eigenverantwortung eines jeden Einzelnen gefördert werden. Dazu kommt eine möglichst lange Selbstständigkeit der Patienten und der alternden Bevölkerung. Weitere Elemente könnten zudem sein:

  • Qualitätswettbewerb unter den Spitälern, Ergebnismessungen einführen und fördern,
  • Messung und Veröffentlichung risikobereinigter Ergebnisse,
  • integrierte Versorgung über den ganzen Behandlungszyklus sicherstellen, d. h. Spitäler, Ärzte, REHA, Spitex usw. auf Basis durchgängiger Prozesse mittels eines Patientendossiers für den Informations- und Daten austausch,
  • Gesamtkostenbetrachtung in den einzelnen Fällen (also nicht nur Kosten der medizinischen Behandlung, sondern auch Arbeitsausfall).

Dazu ist der vermehrte Einsatz von ICT eine zwingende Voraussetzung.

Und wie beurteilen Sie die eHealth-Strategie des Bundes?
Grundsätzlich ist die Idee einer eHealth-Strategie gut. Leider steht sie ziemlich isoliert da. Es gibt keine übergeordneten Ziele im Gesundheitswesen der Schweiz, zudem keine Verfahren, um die Zielerreichung festzustellen. Der Einsatz von IC-Technologien kann die Versorgung künftig wirtschaftlicher, sicherer und kostengünstiger machen. Dies wird jedoch noch viel zu wenig berücksichtigt und einbezogen.

Wie stufen Sie die Supply Chain im Gesundheitswesen bezüglich Transparenz, Sicherheit und Durchgängigkeit ein?
Es gibt keine «Supply Chain» im Gesundheitswesen, sondern deren viele. Damit ist Transparenz, Sicherheit und Durchgängigkeit nicht gewährleistet. Dies kann nur mit einem vermehrten Einsatz von ICT erreicht werden.

Wo sehen Sie das grösste Einsparungspotenzial – ohne dass Leistung abgebaut werden müsste?
Das Einsparungspotenzial im Gesundheitswesen ist gross und kann in verschiedenen Bereichen genutzt werden. Es sind dies beispielsweise:

  • Medikationsprozess (Interaktionen, Dosierung),
  • Identifikation des Patienten (keine Verwechslungsgefahr),
  • integrierte Versorgung, Reduktion von Mehrfachuntersuchungen.

Solche Schritte sind aber nur auf Basis eines digitalen Patientendossiers und der Digitalen Identität der Patienten und Akteure möglich. ||

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