Logo
Diese Seite drucken

Mit jeder Schachtel steigt der Puls

Mit jeder Schachtel steigt der PulsEin ganzes Spital geht nicht alle Tage auf Reisen. Umso mehr hat die Weber-Vonesch AG mit dem Spitalumzug in Zug eine gesunde Portion Transport- und Logistikgeschick bewiesen.

(sp) Ein Spitalumzug ist entgegen ersten Vermutungen kein Lehrstück für elektronikbasierte Identifikationssysteme. Vielmehr ist er ein Plädoyer für Präzision und für eine einmalige Logistikkette, bei der jeder Handgriff sitzt.

Ein solches Gesellenstück hat die auf Umzüge und Transporte spezialisierte Weber-Vonesch AG im August 2008 vollbracht: Sie zügelte das alte Kantonsspital von Zug in das neue Kantonsspital nach Baar – der grösste Spitalumzug der Schweiz in den letzten 30 Jahren überhaupt.

Ein Monsterauftrag
Zwei Jahre Planung gingen dem Tag X (30. August 2008) voraus: 800 Angestellte, 70 davon als Zügelkräfte im Einsatz der Weber-Vonesch AG, Polizisten, Militärs, Zivilschützer, Techniker und Securitas arbeiteten sich auf Deutsch und Französisch an die Hand.

Die Betriebsvorgabe war beachtlich, denn ein Spital kann am Zügeltag nicht einfach schliessen: Punkt 12 Uhr ging die Notaufnahme an das neue Spital über. Bis zum Glockenschlag war der Notfall in Zug voll aufnahmebereit; eine Minute später wäre ein Notfall nach Baar eingeliefert worden. «Eine Notfallaufnahme nach halb zwölf hätte den Zeitplan ernsthaft ins Wanken bringen können. Glücklicherweise erfolgte der letzte Helikoptereinsatz vor dieser kritischen Zeitspanne», erzählt Sybille Weber, Marketingverantwortliche und Mitglied der dritten Generation im Familienunternehmen Weber-Vonesch AG.

Der 12-Uhr-Schnitt zog noch weitere Kreise: Selbst die Autobahn- und Anfahrtsschilder mussten punktgenau gewechselt werden – ein nicht unwesentliches Detail für werdende Väter mit Frauen in den Wehen. Sandrine Zihlmann wird daher Geschichte schreiben: Sie erblickte als Letzte noch in Zug das Licht der Welt.

Die 66 stationären Patienten reisten in der Obhut von Ambulanzen und der Rega: 21 Rettungsfahrzeuge aus Zürich, Bern und Basel-Stadt sowie vier Tixi-Taxis transportierten die Patienten sicher nach Baar – selbst jene, die eine hoch ansteckende Krankheit hatten und deswegen spezielle Transporte erforderten. So kam es, dass auf der Vorderseite des Spitals Patienten in ihre neuen Zimmer überführt wurden, während auf der Rückseite Lastwagen per Lastwagen – 110 Ladungen insgesamt – die Geräte anlieferten.

Fünf-Minuten-Intervalle
Die zwei Meter lange Einsatzliste für den Mobiliartransport sah Intervalle im Fünf-Minuten-Takt vor. «Der Knackpunkt des ganzen Projekts war die zeitliche Staffelung der Transporte der einzelnen Abteilungen. Wie ein Uhrwerk, in welchem Zahnräder millimetergenau ineinandergreifen, wurde akribisch festgehalten, in welchem Zeitfenster welche Abteilung und jeder Raum von Zug nach Baar umzuziehen hatte. Änderungen waren nach Beginn des Umzugs, ja schon einige Tage davor, unter allen Umständen zu vermeiden. Jede Verspätung hätte eine Art Dominoeffekt gehabt und die nächsten Zeitfenster verschoben, obwohl selbstverständlich Zeitpuffer eingebaut waren, um allfällige Verschiebungen aufzufangen», sagt Walter Stirnimann, Projektleiter der national agierenden Weber-Vonesch AG.

Gezügelt wurde – wie auch bei Privaten gängig – in Kartonschachteln. Etiketten mit Handnotizen klärten, für welches Zimmer in welchem Stock die Schachtel bestimmt war. Jeder Mitarbeiter führte einen Lageplan mit sich – und hätte er ihn nicht zur Hand gehabt, hätte ein Blick auf die Wand beim Abladen Orientierung verschafft: Überall wiesen Grundrissskizzen zum gewünschten Zimmer. Grosse Geräte versahen die Transportprofis mit Luftpolsterfolie und Kantenschutz. Stand das Gerät am Ende seiner Reise, entsorgten sie das Verpackungsmaterial umgehend. Sämtliche Geräte wurden nach dem Transport gereinigt und desinfiziert. Zum Vorteil gereichte den Umzugsspezialisten, dass die ganze Radiologie neu und konsequent digital ausgerüstet ist: Diese Geräte waren in Baar eingebaut und mussten nicht spediert werden.

Die Weber-Vonesch AG verfügt intern über eine Hightech-Logistikabteilung. Das habe vieles vereinfacht, ist Walter Stirnimann überzeugt. Die Hightech-Spezialisten lagern und bewegen Computer, medizinische Geräte, Consumer electrics, Apparate der Messund Regeltechnik und sonstige empfindliche Güter. Im Vergleich mit dem Transport eines Grossraumbüros inklusive Anschluss sämtlicher Computerstationen gestalte sich ein Spitalumzug einfacher, beteuert Sybille Weber. In der Tat lässt sich ein Stethoskop oder ein Blutdruckmesser einfacher verräumen als ein Server mit internem Netzwerk.

Wie präzise das gelang, verdeutlicht die Mängelliste: Gerade mal eine Fruchtschale ging in Scherben – oder, wie es Walter Stirnimann pointiert ausdrückt: «in Glücksscherben».

Susanne Perren

Template by Joachim Heldt.