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Die Baustelle der Wissenden

Die Baustelle der Wissenden Modernes Bauwesen profitiert vom Datenaustausch. Sei es eine Ausschreibungsplattform für Aufträge oder eine Managementsoftware für komplexe Projekte: Der Informationsfluss macht die Arbeit günstiger und effizienter.

Im Zuge des Internetbooms der Jahr-tausendwende ging in Zürich das Start-up Olmero an den Start. Zunächst funktionierte die Internetplattform als Ausschreibungsinstrument vorrangig für die grossen Generalunternehmungen der Schweiz.

In den vergangenen Jahren veränderte sich jedoch der Charakter der Nutzer. Mittlerweile wird die Plattform vor allem von Architekten, Bauherren und Baumanagementbüros genutzt, um Aufträge rund um den Bau zu möglichst guten Konditionen am Markt platzieren zu können.

Momentan sind rund 1800 Architekten, Bau-und Projektleiter, 3400 bauausführende Unternehmen sowie 250 Bauzulieferer an das System angeschlossen. Im Geschäftsjahr 2009 stieg die Anzahl der Ausschreibungen um 22 Prozent und erstmalig auf über 10 000. Die mit der Ausschreibungsplattform generierten Umsätze legten um 14 Prozent auf 5,5 Millionen Franken zu. Olmero beschäftigt heute rund 80 Personen.

Auch für Sawiris Andermatt-Resort
Die über Olmero abgewickelten Ausschreibungen verteilen sich auf alle Bereiche des Bauens und reichen vom Aushub der Baugrube über den Rohbau und sämtliche Innenausbauten bis hin zu den abschliessenden Umgebungsarbeiten. Sehr viele Ausschreibungen betreffen mittlerweile kleinere Projekte, die besonders beschränkte Budgets haben. Die Spanne der Tätigkeiten reicht indessen von Gärtner-arbeiten rund um einige Zuger Mehrfamilienhäuser bis hin zur Lieferung einer Fassadenreinigungsanlage am Hauptsitz von PostFinance. Auch das Resort Andermatt der ägyptischen Orascom Development wird sämtliche Arbeiten über das Olmero-Portal vergeben. Dies betrifft die Ausschreibungen für Generalunternehmer, Baumeister und übrige Bau-und Handwerksbetriebe wie auch die von den beauftragten Generalunternehmungen durchzuführenden Subunternehmervergaben. Es wird davon ausgegangen, dass Unternehmen aus der ganzen Schweiz und aus dem Ausland sich für die Aufträge bewerben.

Gute Idee lockt Tamedia als Investor
Olmero bietet aber noch weitere Funktionen. Ein speziell entwickeltes Baudatenmodul liefert je nach der gewünschten persönlichen Selektion Informationen vom Baugesuch über die Baubewilligungen und die Aus-schreibungen/Submissionen bis hin zur Vergabe. Die Daten werden täglich aktualisiert, können als Push-Mail geliefert werden und enthalten auch Kontaktadressen der jeweils verantwortlichen Personen. Die in ihrem Markt gut positionierte Olmero lockte 2009 schliesslich die Tamedia AG als Investor an. Zunächst wurden 20 Prozent eingekauft, ab 2013 ist die Mehrheitsübernahme durch Tamedia möglich. Im Hintergrund der Beteiligung steht das strategische Ziel von Tamedia, die ebenfalls von Olmero betriebene Plattform renovero.ch, eine Drehscheibe rund um Handwerks-und Dienstleistungsaufträge, weiter auszubauen. Zudem offeriert Olmero auch die Nutzung einer speziell für komplexe Bauprojekte entwickelten Projektmanagementsoftware. Hier ist man Schweizer Lizenznehmer der Münchner Firma Think Project International und offeriert deren gleichnamiges Programm in der Schweiz unter dem Marketingnamen «Projektraum». Die Referenzenliste dieser Software ist auch in der Schweiz beeindruckend, figurieren darin doch beispielsweise der Prime Tower in Zürich oder ein Erweiterungsbau der ETH Lausanne. Auch international ist die Software etabliert und wurde beispielsweise bei der Planung grösster und anspruchsvollster Projekte eingesetzt, wie etwa dem neuen NATO-Hauptquartier in Brüssel, dem Stadtteil Crystal City in Dubai, dem Federation Tower in Moskau oder dem Bau von rund 50 Kilometern Autobahn in Australien. In einigen Projekten wurden bereits gegen 3000 Benutzer miteinander vernetzt, die mehrere Millionen Kommunikationsvorgänge und Dokumente erzeugten.

Alle baurelevanten Daten auf einer Plattform
Die Software führt alle projektrelevanten Daten auf einer Plattform zusammen, auf die alle Projektpartner via Internet zugreifen können. Kommunikations-und Abstimmungsprozesse zwischen den Beteiligten lassen sich vorgängig in schematischen Abläufen definieren. Dabei nutzt die Plattform zahlreiche Module zur Anpassung an die jeweiligen Projektanforderungen, die vom Plan-, Dokumenten-und Mängelmanagement bis zum Bautagebuch, einer Fotodokumentation oder der Einbindung von Webcams reichen. Die Datensicherheit wird durch diverse Massnahmen garantiert, die im Bedarfsfall bis weit über einen Passwortschutz hinausreichen. Laut Olmero gibt es die Zugriffssicherung auch mit einem Token-basierten Login oder einer IP-Restriction, die den Zugriff nur von bestimmten Rechnern aus zulässt. Allerdings wurde das in der Schweiz noch nicht verlangt. Schliesslich ist auch der Kauf einer Lizenz und damit das Hosting auf eigenen Rechnern möglich. Peter Gola, stellvertretender Planungsleiter der ARGE Prime Tower, erläutert einige Fakten, die für den Einsatz der Software sprachen. So waren schon zum Baubeginn der Bodenplatte des Prime Tower über 10 000 Nachrichten, 1200 Pläne und 1500 Dokumente vorhanden, die es zu verwalten galt. Ein herkömmliches Vorgehen, beispielsweise gestützt auf normale «Office»-Tools, sei da nicht mehr effizient, meint der Referenzkunde von Olmero. Eine weitere Anforderung lag darin, alle Projektbeteiligten immer auf dem aktuellen Informationsstand zu halten und auf die gewünschten Unterlagen jederzeit und von jedem Ort aus rasch zugreifen zu können. Gola erklärt, er könne dank der Projektraum-Software jederzeit nachprüfen, ob die aktuellen Informationen an den richtigen Stellen vorliegen, und beispielsweise auch nachvollziehen, wer wann welche Planunterlagen erhalten habe. Im Weiteren dokumentiert die Software sämtliche Bearbeitungsvorgänge zu einem Dokument. «Im Falle einer Nachweispflicht hat man die relevanten Daten sehr schnell zur Hand», stellt Gola fest.

Gute Erfahrungen am Prime Tower
Die Software wurde dabei auch für das Projekt Prime Tower auf Kundenwunsch um diverse Funktionen erweitert. So wünschte man sich ein Tool, um die Anlieferung von Baumaterial besser zu steuern, da ja an einem nor malen Tag der Umschlagplatz durchgehend von 6.30 bis 18.30 Uhr belegt ist und an Spitzentagen zwischen 800 und 1000 Tonnen Material umgeschlagen werden. Laut Andreas Billeter und Stefan Furrer von der ARGE Prime Tower wurde das eigens eingerichtete Baustellen-Logistiktool von Lieferanten aber zunächst teilweise ignoriert. «Während eine straff durchgeplante Logistikkette in der Industrie zum Alltag gehört, bereitet es unseren Lieferanten teilweise Mühe, sich an ein klar definiertes Zeitfenster zu halten», stellt Billeter fest. Mittlerweile wird das Tool aber von 80 Prozent der Zulieferer genutzt. Das Zusatzmodul Logistikmanagement für den Projektraum besteht aus einem Kalender mit freien Lieferterminen, auf deren Basis Lieferanten eine Terminanfrage für ihre Lieferung stellen können. Diese wird dann vom Logistikmanager beantwortet und der Kalender automatisch aktualisiert. Die Lieferanten brauchen dabei keinen Olmero-Account, weshalb sich der Link auch einfach an neue Subunternehmer versenden lässt. Zusätzlich lassen sich Anfahrtsplan und Weisungen einbinden. «Und was für uns auch ganz wichtig war: Das Tool kann auch unabhängig vom Projektraum genutzt werden», so Billeter. Eine andere «Sonderanfertigung» wurde von Think Project für ein deutsches Unternehmen realisiert. Dabei handelt es sich um eine Werkzeugverwaltung, die für YIT Germany geliefert wurde. Diese Firma offeriert Gebäudetechnik, Facility Management und Energiedienstleistungen. Die Werkzeugverwaltung erfasst nun alle Werkzeuge und schafft so den Überblick, wann sich welches Werkzeug auf welcher Baustelle befindet und ob es gerade im Einsatz ist. Zudem sind alle Prüf- und Wartungsintervalle der Werkzeuge hinterlegt. Ausserdem kann sich YIT eine detaillierte und strukturierte Historie des Werkzeugbestandes generieren.

Alexander Saheb

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