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Zahlen, Nachdenkliches und ein Song

 Nach 13 600 Kilometern erfolgreich am Ziel: Logistikleiter Philipp Honegger.Am 22. August erhielten im Berner Kultur-Casino die erfolgreichen Absolventinnen und Absolventen der Logistikfachleute- und Logistikleiter-Ausbildung ihre eidgenössischen Fachausweise und Diplome. Das zahlreich erschienene Publikum nahm lebhaften Anteil an der gelungenen Feier, an der 146 Logistikfachleute sowie acht Logistikleiterinnen und -leiter geehrt wurden.

In der Einleitung verglich Mario Rusca eine Prüfung mit den zu Ende gegangenen Leichtathletik-Europameisterschaften. Nach langer Vorbereitung gelte es, in einem bestimmten Moment seine beste Leistung abzurufen und nicht etwa beim Start den Staffel-Stab zu verlieren – natürlich in Anspielung auf die unglückliche Schweizer Läuferin Mujinga Kambundji. Dann übergab er das Wort einem Vertreter der erfolgreichen Absolventen.

Nach 13 600 Kilometern am Ziel
Philipp Honegger amüsierte das Publikum mit einer Reihe von eindrücklichen Zahlen. 58 Tage oder 460 Stunden habe er nun in der Schulstube verbracht, dabei 16 Dozenten kennengelernt und 19 Module gepaukt. Gefühlte 100 000 Gruppenarbeiten seien auf dem Programm gestanden. Zudem habe er rund 100 Stunden in der Lerngruppe und 760 Stunden mit Selbststudium 20 Stunden Prüfung seien dazugekommen sowie eine Diplomarbeit, die nochmals 250 Stunden in Anspruch genommen habe. Mit Bestnoten abgeschlossen haben Logistikleiterin Angela Klüe (4,6) und Logistikfachmann Samuel Schneider (5,5).Insgesamt habe er während dieser Zeit 9600 Kilometer Schulweg absolviert, dazu noch 4000 Kilometer für die Lerngruppe. Nach dieser Zahlenflut dankte Honegger in aller Form seiner Partnerin – was bezeichnenderweise mit grossem Applaus quittiert wurde –, aber auch seinen Studienkollegen, die seine Beiträge als Robin Hood des Logistikwaldes nicht immer hätten nachvollziehen können. Weiter dankte er den Dozenten für deren Praxisbezug, den kaum sichtbaren, aber wichtigen Experten und schliesslich der Crew von GS1 Schweiz, die ein Betreuerteam gewesen sei, wie man es sich wünsche. Er schloss mit einem Appell an alle Anwesenden: «Hört nie auf, euch weiterzubilden. Es erweitert den Horizont!»

Von nachhaltig bis vorbildlich
Bevor die erfolgreichen Absolventen und Absolventinnen ihre Diplome und Fachausweise entgegennehmen durften, richteten die beiden Präsidenten der Prüfungskommissionen ihre Grussworte an die Anwesenden. Stephan Mathys erzählte von einem Containerschiff, das er in Hamburg gesehen hat.
Das 400 Meter lange Schiff könne nicht weniger als 16 000 Container laden, und seine Motoren leisteten 80 000 Kilowatt. Entsprechend teuer, nämlich fünf Millionen Franken, sei eine Tankfüllung. Diesem eindrücklichen Transportmittel setzte er einen anderen Aspekt der Logistik gegenüber, indem er den Werdegang eines Paars Jeans skizzierte, wie es beispielsweise bei Tally Weijl verkauft wird. Baumwolle aus Kasachstan wird in der Türkei zu Garn verarbeitet und in Taiwan zu Stoff gemacht. Dieser wird in Tunesien mit Farbe aus Polen eingefärbt. Danach werden die Jeans in China genäht. Den letzten Schliff «stone washed» erhalten sie in Frankreich. Eine 50 000-Kilometer-Reise, die Kinderarbeit, unwürdige Arbeitsbedingungen und baufällige Werkstätten involviere. Diese nachdenklich stimmenden Fakten ergänzte Mathys zum Schluss mit dem Hinweis auf ermutigende Anstrengungen, wie sie beispielsweise mit dem Label der Business Social Compliance Initiative (BSCI) zum Ausdruck kommen.
Wesentlich kürzer, aber ebenso eindringlich und kritisch äusserte sich Guido Grüter. Er skizzierte die klassische Auffassung einer Führungskraft und rief seine Logistikleiter dazu auf, diese Rolle zu überdenken. Moderne Führung bestehe darin, eine Kultur des Vertrauens zu schaffen, Mitarbeitende in ihrem unternehmerischen Denken zu fördern, ihnen Rückmeldungen zu geben und gemeinsam Ideen umzusetzen. Zum Schluss forderte er die Anwesenden dazu auf, dieses Denken zu leben: «Seien Sie vorbildliche Unternehmer! »

«Hört nie auf, euch weiterzubilden. Es erweitert den Horizont!»
Philipp Honegger
 

Ein Logistik-Song
Nach der Übergabe der Diplome stellte Mario Rusca ein «Survival-Kit» vor, welches sich an den «6 R» der Logistik orientiert. Das Set entpuppte sich als Geschenk, welches die beiden besten Abschlussnoten honorierte. Erzielt haben sie Samuel Auf den Spuren von Polo Hofer sorgten Top4Tea mit dem Logistik-Song für gute Unterhaltung.Schneider, der die Prüfung zum Logistikfachmann mit dem sagenhaften Durchschnitt von 5,5 abschloss, sowie die frischgebackene Logistikleiterin Angela Klüe.
Zuvor hatte aber die Band Top4Tea einen grossen Auftritt. Nicht nur hatte sie den Anlass zum wiederholten Mal gekonnt untermalt, diesmal brillierte sie auch mit einem ganz besonderen Song. Sänger und Gitarrist Andy Zopfi hatte nämlich zur Melodie von Polo Hofers «Alperose» einen Text geschrieben, der das Thema Logistik in den Mittelpunkt stellt. «Die richtig War am rächte Ort, i dr top Qualität u das sofort », heisst es da etwa. Und zum Refrain «Logistiker, isch was mir si» sang das Publikum mit, etwas schüchtern zwar, aber immerhin vielstimmig.

Das verdiente Apéro
Wie immer fand der Anlass in einem vorzüglichen Apéro seinen Abschluss. In unzähligen Gesprächen wurde Bilanz gezogen. Guido Grüter beispielsweise zeigte sich begeistert von den Assessments, welche Teil der Logistikleiter- Prüfung sind. «Hier zeigt sich, dass die Ausbildung nicht nur einen sehr hohen Praxisbezug hat, sondern auch eine moderne Führungsauffassung vermittelt. » Cyril A. Schabert, der als Prüfungsexperte agiert, pflichtete bei: «Extrem spannend zu sehen, wie die Leute in unterschiedlichen Rollen funktionieren. Die Aufgabe fordert aber auch uns einiges ab; am Abend war ich jeweils hundemüde.» Guido Grüter ergänzte:
«Es ist eine anspruchsvolle Sache für alle, aber wir dürfen das im Interesse der Wirtschaft nicht vereinfachen.» Den Assessment-Teil der Prüfung fand auch Angela Klüe besonders spannend. «Man kennt einander als Kollegen und erlebt sich gegenseitig dann plötzlich als Alphatiere!» Im Rückblick lobte sie vor allem die Qualität der Dozierenden: «Sie waren grösstenteils sehr professionell und aufgestellt. Man merkt, dass sie aus der Praxis kommen, die meisten haben Super-Beispiele gebracht, Logistik wurde in allen Aspekten erlebbar.» Aber auch die Arbeit in den Lerngruppen sei für sie ausserordentlich wichtig gewesen, erwähnte sie noch, bevor sie an die wohlverdiente private Feier eilte.

Plötzliche Zusammenhänge
Und die Logistikfachleute? Auch hier war viel Lob zu hören. Ein Absolvent zeigte sich besonders beeindruckt von den plötzlich auftauchenden Zusammenhängen: «Irgendwann beginnt man die Tätigkeit, die man schon lange macht, in einem grösseren Kontext zu sehen, als Teil der Supply Chain. Plötzlich ergeben Dinge Sinn, die man vorher noch gar nicht richtig durchschaut hatte.» Ein anderer zeigte sich hoch zufrieden mit der Unterstützung, die er bei seinem Arbeitgeber erhalten hatte. «Mir wurde nicht nur die Möglichkeit gegeben, diese Weiterbildung zu besuchen, sondern ich durfte bereits einen Karriereschritt machen. Und ich werde gleich mit Weiterbildung fortfahren », berichtete er. Ein künftiger Logistikleiter also? «Nein», erwiderte er lächelnd, «mich zieht es eher in den Bereich Controlling.»

Jürg Freudiger


 

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