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Schweizer Köpfe sind innovativ

Schweizer Köpfe sind innovativZwei unabhängige Quellen – die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich und das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum – bestätigen: Die Schweizerinnen und Schweizer gehören zu den erfinderischsten Köpfen der Welt. Was heisst das für die Konsumenten? «Patentschutz darf kein Preisschutz sein», sagt die Stiftung für Konsumentenschutz und begrüsst die Zulassung von Parallelimporten.

(bs) Die Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich führt seit 1990 regelmässig eine Innovationserhebung bei rund 6000 Firmen durch. Sie gilt als verlässlicher wirtschaftspolitischer Seismograf im Hinblick auf Prognosen und Entwicklungen.

Denn das längerfristige Wachstum der Schweizer Wirtschaft wird stark durch die Innovationsleistung der Unternehmen beeinflusst. Die neuste Erhebung basiert auf der 7. Innovationsumfrage, welche die KOF im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) im Herbst 2008 durchgeführt hat.

Kreative Schweiz
Gemäss einem Vergleich der Resultate der jüngsten KOFInnovationsumfrage mit den entsprechenden Ergebnissen des in den EULändern durchgeführten Community Innovation Survey (CIS) ist die Schweiz heute die innovativste Volkswirtschaft Europas. Diese Einschätzung beruht auf einem breiten Spektrum von Indikatoren, das alle Phasen des Innovationsprozesses abdeckt. Die Schweiz belegt insgesamt den ersten Rang, gefolgt von Deutschland, Grossbritannien, Belgien, Irland und Schweden. Sowohl in der Industrie als auch im Dienstleistungssektor ist sie die Nummer 1. Die besonderen Stärken der Schweizer Wirtschaft liegen beim hohen Anteil von Firmen, die sich in Innovations sowie in Forschungs und EntwicklungsAktivitäten (F&E) engagieren. Ausserdem hat sie die besondere Fähigkeit, Neuerungen in Markterfolge umzusetzen. Die Spitzenstellung der Schweiz wird durch Vergleiche anhand eines erweiterten Sets von Indikatoren und unter Berücksichtigung einer Vielzahl von nicht europäischen Ländern bestätigt (European Commission, 2009). Die USA, Japan und andere innovationsstarke aussereuropäische Volkswirtschaften kommen nicht an die Innovationsleistung der drei führenden europäischen Länder Schweden, Schweiz und Finnland heran. 

Starker KMU-Sektor
Besonders gut schneidet die Schweiz bei den KMU ab. Sowohl die kleinen als auch die mittelgrossen Firmen sind innovativer als die KMU in allen EULändern. In der Schweiz ist also die Innovationsfähigkeit besonders breit abgestützt. Dank der eigenen Innovationsaktivitäten ist ein erheblicher Teil der kleinen und mittelgrossen Firmen befähigt, firmenexternes Wissen aufzunehmen und dieses mit internem Knowhow zu kombinieren. Damit verfügen viele KMU über die Voraussetzungen, um mit technologisch hochwertigen Produkten auf dem Weltmarkt – meist in Nischen – erfolgreich zu sein. Die Kombination eines ausgesprochen innovativen KMUSektors und einer beträchtlichen Zahl von grossen, F&E intensiven multinationalen Firmen bildet eine strukturelle Stärke des Innovationssystems Schweiz. 

Vorsprung schmilzt
Die Innovationsleistung der Schweiz ist zwar besser als jene der EU-Länder, aber Letztere sind im Begriff, deutlich aufzuholen. Dies ist nicht nur auf Fortschritte im Ausland zurückzuführen, die bis zu einem gewissen Grad Ausdruck eines normalen Konvergenzprozesses sind, sondern widerspiegelt auch die ungünstige Entwicklung der Innovationsaktivitäten in der schweizerischen Industrie in den 1990er Jahren und im Dienstleistungssektor in den frühen 2000er Jahren. Bezüglich Anteil der Firmen mit Innovationen war in den letzten zehn Jahren Finnland der grosse Gewinner, aber auch Dänemark, Belgien und Deutschland machten gegenüber der Schweiz deutlich Boden gut. Mit der Stabilisierung der Innovationsleistung in der Schweiz in den letzten Jahren ist jedoch der Aufholprozess nahezu zum Stillstand gekommen. Leichte Verluste gegenüber Ländern wie Finnland und Belgien wurden durch Gewinne im Vergleich mit anderen Ländern wettgemacht. 

Patentanmeldungen auf hohem Niveau
Zum gleichen Ergebnis wie die KOF kommt auch einer, der es aus der Perspektive des Staates wissen muss. Dr. Alban Fischer, Vizedirektor und Leiter Patentabteilung des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum in Bern, resümiert seine langjährige Erfahrung: «Die Schweiz ist eines der innovativsten Länder der Welt.» Und bezüglich der derzeitigen Entwicklung sagt er: «Tendenziell und langfristig nehmen sowohl die Patentals auch die Markenanmeldungen in der Schweiz zu.» 1978 wurde das Europäische Patentamt auch auf Initiative der Schweiz gegründet. Heute gehören diesem Gremium 39 Staaten an, die meisten aus der EU. Über 90 Prozent der Patente, die in der Schweiz Gültigkeit erlangen, gelangen heute über diesen Weg zu uns. 2009 wurden 2017 Patentgesuche direkt beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum gestellt, davon stammten 1665 aus der Schweiz, die übrigen (352) aus dem Ausland. Das Verhältnis Schweiz/Ausland ist in den letzten Jahren ziemlich stabil geblieben. Die Zahl der erteilten europäischen Patente mit Wirkung für die Schweiz betrug 2009 hingegen 35 096. Die Patentanmeldungen betreffen und in grosser Zahl Patente aus ‹traditionellen› Technologiebereichen angemeldet, wie Mechanik, Maschinenbau oder Elektrotechnik.» Insgesamt sind in der Schweiz derzeit 137 000 europäische und 13 800 nationale Patente erteilt. 

Meilenstein für die Konsumenten
Seit dem 1. Juli 2009 sind Parallelimporte patentgeschützter Güter aus der EU zulässig. Das ist ein Meilenstein für die Konsumenten und ein Etappensieg der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS), die seit Jahren die Position vertreten hatte, dass Patentschutz kein Preisschutz sein darf. Patentgeschützte Produkte, die mit Zustimmung des Patentinhabers im europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gesetzt wurden, können seit 2009 ohne Zustimmung des Patentinhabers in die Schweiz eingeführt werden. Ausgenommen sind die Medikamente, für die der Parallelimport nach wie vor verboten ist. Das Bundesgericht hatte noch 1999 im sogenannten KodakUrteil Parallelimporte untersagt. Auch der Bundesrat hatte sich gegen ihre Zulassung ausgesprochen, nicht aber das Parlament. Es versprach sich – wie die Konsumentenorganisationen – von der Zulassung patentgeschützter Güter aus dem EURaum tiefere Preise für die Konsumenten. Die Beschaffung von Waren dort, wo sie am günstigsten zu haben sind, senke die Preise, sorge für mehr Wettbewerb und stütze die Kaufkraft der Konsumentinnen und Konsumenten, hiess es im Parlament. Das Sparpotenzial wurde auf rund 150 Millionen Franken pro Jahr geschätzt. Auch Preisüberwacher Stefan Meierhans spricht von einem guten Entscheid aus Wettbewerbs und Preissicht. Konsumenten könnten damit langfristig in einem breiten Warenbereich mit tieferen Preisen rechnen. Er weist auf den nicht zu unterschätzenden «Dissuasionseffekt» hin: Die abschreckende Wirkung kann schon im Vorfeld die Preise ins Rutschen bringen. Diese Erfahrung habe man in der Landwirtschaft gemacht, wo Parallelimporte bereits seit Anfang 2008 erlaubt sind. Hier hätten die bisherigen Anbieter bereits vor der Importöffnung ihre Preise gesenkt, um zu verhindern, dass die Bauern beim Saat und Pflanzgut, bei Futtermitteln, Dünger, Pflanzenschutzmitteln, Traktoren oder Melkmaschinen zu Parallelimporteuren wechselten.

Bernhard Stricker

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