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Liken und mehr

Eine Markenwelt lässt sich in Zeiten von Web2.0 nicht mehr allein durch einseitiges Senden von Botschaften umfassend gestalten, denn die Empfänger sind nicht nur Konsumenten. Sie sind vor allem User und haben die klare Erwartung, mit einer Marke in Dialog treten zu können.

Es herrscht aber grosse Unkenntnis hinsichtlich vieler Fragen wie «Warum werden Nutzer Fans oder Follower eines Markenauftritts?», «Welche Erwartungen haben sie an den Markenauftritt? », «Welche Aktivitäten nehmen Nutzer auf Markenseiten vor und weshalb? », «Warum wenden sich Nutzer von Markenseiten ab?» oder «Weshalb finden Nutzer bestimmte Markenauftritte besonders gut/schlecht?» bis hin zu «Welche verkaufsfördernden Massnahmen in Social Media werden von Nutzern akzeptiert?».

Studie mit Schwerpunkt auf Digital Natives
Fragen wie diesen geht die von webguerillas zusammen mit dem Institut für Marktorientierte Unternehmensführung der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) unter Professor Manfred Schwaiger realisierte Studie «Markenführung 2.0» nach. Das Forschungsprojekt basiert auf 136 qualitativen Tiefeninterviews mit Social- Media-Nutzern. Ein Schwerpunkt wurde dabei auf die unter 30-Jährigen gelegt.
Die Studie zeigt in aussagekräftigen O-Tönen, dass 85,6 Prozent der Konsumenten einen Fan-/Follower-Status trotz fehlender Markensympathie für möglich halten. In der Praxis ist die Informationsbeschaffung zu den jeweiligen Produkten und Dienstleistungen deshalb für 81,6 Prozent der Hauptgrund für den Fan- beziehungsweise Follower-Status.
Die Markensympathie kommt dagegen mit deutlichem Abstand erst an zweiter Stelle (65,4 Prozent). Und nur jeder Dritte gibt eine Identifikation mit der Marke als Grund für das Drücken des Like- beziehungsweise Follow-Buttons an, bloss 22,1 Prozent tun dies aus persönlicher Verbundenheit. Kriterien wie der Zugang zu Angeboten/ Vorteilen (36 Prozent) und Unterhaltung/ Spass (36,8 Prozent) rangieren darüber.

Angebote und Rabatte wichtiger als Markenverbundenheit
Die Markenbildung und -bindung im Social Web folgt damit völlig anderen Gesetzmässigkeiten als über die klassischen Werbekanäle. Kriterien wie Markensympathie oder -identifikation spielen hier nur eine untergeordnete Rolle. Verbraucher favorisieren Marken auf Plattformen wie Facebook in erster Linie, um klare Benefits wie Informationsbeschaffung und (vergünstigte) Produktangebote zu erhalten.
Diese eher pragmatische Einstellung der User spiegelt sich auch in ihrer Erwartungshaltung hinsichtlich der Markenauftritte im Social Web wider. Für drei von vier Befragten (72,5 Prozent) kennzeichnen subjektiv als nützlich beziehungsweise hilfreich empfundene Marken- und Produktinformationen einen guten Markenauftritt. 55,8 Prozent stimmen dem bei sonstigen (nicht direkt marken- oder produktbezogenen) nützlichen Informationen zu. 39,2 Prozent machen die Attraktivität eines Markenauftritts an Angeboten, Rabatten und sonstigen Vorteilsgewährungen auf der jeweiligen Markensite fest.
Über 70 Prozent der im Rahmen der Studie «Markenführung 2.0» Befragten sind Fans oder Follower mindestens einer Marke. Rund 28 Prozent geben an, mit mehr als zehn Marken im Social Web verbandelt zu sein. Jeder Zweite akzeptiert bereitwillig die Einbindung von verkaufsfördernden Massnahmen in den Social-Media-Präsenzen der Unternehmen und Marken. Nur 5,9 Prozent lehnen dies ab. Die Freundschaft ist aber von fragiler Natur. Wenn die Marke oder das Produkt nicht mehr gefallen (45,6 Prozent), die Markenkommunikation zu häufig ist (37,5 Prozent) oder keine Identifikation mit der Marke mehr gegeben ist (36,8 Prozent), wenden sich die User auch wieder ab.
«Die Statements aus den Tiefeninterviews dokumentieren, wie vielschichtig die Markenbeziehungen der Konsumenten auf Social-Media-Plattformen sein können. Die Studie legt damit den Paradigmenwechsel in der kommerziellen Kommunikation offen», so Professor Manfred Schwaiger vom Institut für Marktorientierte Unternehmensführung. Die gesamte Studie mit Ergebnissen und Antworten der Befragten bietet das Institut unter www.imm. bwl.uni-muenchen.de zum Download an.


Spagat zwischen Nutzen und dem Wunsch nach Zugehörigkeit
Diese Insights zeigen, dass User häufig einen sehr rationalen, rein nutzenorientierten Zugang zu Marken im Social Web haben. Dies erfordert eine völlig andere Form der Markenführung und damit auch der Kommunikation als in den traditionellen Medien. Und dennoch: Dass der Markendialog nicht nur zwischen Marke und User stattfindet, ist die grosse Herausforderung der Web2.0-Markenführung. Der Markenkompass bringt zutage, dass sich mehr als die Hälfte der befragten User durch beobachtete Gespräche grundsätzlich in ihrer Meinungsbildung beeinflussen lassen; inwieweit, hängt wiederum von den Gesprächsinhalten ab.
Über 85 Prozent der Nutzer können sich sogar vorstellen, Fan oder Follower einer Marke zu werden, die sie gar nicht mögen, beispielsweise um zu einem bestimmten Personenkreis zu gehören. Diesem Spagat der potenziellen Userbedürfnisse gerecht zu werden, ist die grosse Herausforderung in der digitalen und interaktiven Markenführung.

Dino Ceccato
Geschäftsführer der webguerillas AG, Schweiz

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