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Trimodale Bündelung des Containerumschlags

Die Rheinschifffahrt bleibt bedeutsam für die Versorgung der Schweiz, ja sie wird noch wichtiger. Der Anstieg des Containerverkehrs im Welthandel hat Auswirkungen auf die Verkehrsinfrastruktur. Der Kanton Basel-Stadt, die Schweizerischen Rheinhäfen, SBB Cargo und diverse andere Logistiker wollen ein zentrales Containerterminal bauen, das Schiene, Wasser und Strasse verknüpft.

Die Nordwestschweiz mit der Kernzone Basel ist eine Logistikdrehscheibe erster Ordnung für die Schweiz. Die geografische Lage und die Bedeutung der Verkehrsträger (Rheinhäfen, Nord-Süd-Korridor auf der Schiene, Autobahn A2, Anbindung an den Euro- Airport) begünstigen ein enormes Güterverkehrsaufkommen. Ein weiterer Einflussfaktor ist die im Grossraum Basel immer noch bedeutende industrielle Produktion. Der Güterumschlag benötigt aber ausreichend Platz und steht im urbanen Kontext immer auch in Konkurrenz zu übrigen Flächennutzungen wie Wohnen, Dienstleistungen und Erholungsraum.

Terminal Basel Nord
Die Suche nach geeigneten Wirtschaftsflächen, die sich für Logistikaktivitäten in der Region Basel eignen, wird vom Logistikcluster Basel wissenschaftlich begleitet. Schon sehr weit fortgeschritten ist das Projekt eines trimodalen Containerterminals Basel Nord. In unmittelbarer Nähe der Hafenanlagen Basel-Kleinhüningen und an der Grenze zu Deutschland ist der Bau eines modernen Güterumschlagsplatzes vorgesehen. Die Fläche auf dem Areal des ehemaligen Rangierbahnhofs der Deutschen Bahn ist im Richtplan des Kantons Basel-Stadt bereits als Logistikfläche eingetragen. Am Standort ist eine enge Koordination der Verkehrsträger Schiff, Bahn und Lkw vorgesehen. Die Realisierung des Terminals Basel Nord soll den Containerumschlag in Zukunft einfacher und effizienter machen. Die Voraussetzungen dafür sind gut: Das Gelände liegt in der Nähe des Rheins und direkt an der Bahnlinie des Güterverkehrskorridors Rotterdam–Genua. Es ist seit einigen Jahren im Eigentum von SBB Cargo.

Renaissance der Binnenschifffahrt
Die Standortplaner in Basel sind sich sicher: Die Schweizer Rheinhäfen sind und bleiben bedeutsam für die Versorgung der Schweiz, ja werden noch wichtiger. Das geplante neue Hafenbecken 3 – in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Hafenbecken 1 und 2 des Rheinhafens – wird ein Kernelement dieses neuen Umschlagsplatzes werden. Für die Zukunft wird mit einem weiteren Anstieg des Containerverkehrs im Welthandel gerechnet. Dies hat Auswirkungen auf Häfen und Verkehrsinfrastruktur bis ins Binnenland Schweiz.
Der Direktor der Schweizerischen Rheinhäfen (SRH), Hans-Peter Hadorn, streicht die einmaligen Qualitäten des Standorts heraus: «Basel Nord ist der einzige Standort entlang des Rheins in der Schweiz, an dem ein zusätzliches Hafenbecken für die Binnenschifffahrt mit leistungsfähiger Anbindung an Schiene und Strasse erstellt werden kann. Bisher gibt es in der Schweiz kein Containerterminal, das den europäischen Standards entspricht.» Zu den Kriterien gehören: 700 Meter Gleise unter Kran, effizienter Umschlag ohne Rangieren, Nutzung der Bündelungseffekte aus diversen Verkehrsträgern zur Effizienzsteigerung. Hinsichtlich der Grössenordnung des Projekts und der Anbindung an Schiene und Strasse ist das Containerterminal einmalig für die Schweiz. Im Endausbau bis 2030 wird der trimodale Gateway Basel Nord (GBN) eine Umschlagskapazität von jährlich 390 000 TEU erreichen.

Gegenprojekt, andere Gutachten
Wie bei grossen Bauvorhaben nicht ungewöhnlich, wird Kritik an der Ausrichtung des Projekts formuliert: Zu nennen sind private Akteure aus der Logistikbranche – ein Trio um die im Baselbiet ansässige Swissterminal, die niederländische Danser und Ultra-Brag, die heute rund die Hälfte der Container in den Basler Häfen umschlagen. Sie fürchten, durch die Allianz der öffentlichen Infrastrukturanbieter und eines staatlichen Betriebs wie der SBB ins Abseits zu geraten. Deshalb haben sie ein eigenes Projekt entwickelt, und zwar in Weil zwischen dem Hafen Nord und dem bestehenden Containerterminal. Lässt sich das Vorhaben umsetzen, sollen im Endausbau 100 000 Container pro Jahr umgeschlagen werden. Das Projekt fokussiert auf einen Schwerpunkt im Umschlag zwischen Schiff und Strasse. Für die Stadt Weil am Rhein wie auch für die Unternehmen ist ein neuer Autobahnanschluss Voraussetzung des Gelingens.
Für zusätzliche Aufregung sorgte im Herbst 2015 ein Gutachten des Beratungsunternehmens Transcare, das im Auftrag der oben erwähnten Terminalbetreiber erstellt wurde. Darin wurde der Schluss gezogen, dass die aktuellen Containerkapazitäten in Basel und Weil am Rhein mit gewissen Optimierungen bis 2029 reichen. Das Projekt Basel Nord sei auf den bimodalen Umschlag Strasse/Schiene zu beschränken. Für den wasserseitigen Transport seien die aktuellen dezentralen Strukturen fortzuführen.

Der Aufbau der Kapazität des GBN erfolgt in mehreren Etappen. Im nun beantragten ersten Schritt wird ein bimodales Terminal für den Umschlag (3) zwischen Strasse (2) und Schiene (4) von 140 000 TEU erstellt. In einem zweiten Schritt wird die Kapazität auf 210 000 TEU aufgestockt. In einer dritten Phase werden die SRH das Terminal mit einem neuen, direkt angeschlossenen Hafenbecken (1) ergänzen. (Bildquelle: SBB Cargo)Kooperation, nicht Konkurrenz
Der Containerumschlag hat sich zwar im Nachklang der Wirtschaftskrise 2008 und infolge der Probleme der Schweizer Wirtschaft mit dem Euro- Franken-Kurs in den letzten zwei Jahren keineswegs stürmisch entwickelt. Die Promotoren des Terminals Basel Nord stützen ihre Einschätzungen auf zwei Faktoren, die im Kontext der kontinuierlichen Containerisierung des Welthandels zu verstehen sind. Einerseits bauen Hafenbehörden und Terminalbetreiber an den Seehäfen ihre Kapazitäten für den Containerumschlag laufend aus; zu nennen ist etwa das Ausbauprojekt Maasvlakte 2 in Rotterdam. Zudem haben sich die grossen Seehäfen Antwerpen und Rotterdam vertraglich verpflichtet, im Hinterlandverkehr verstärkt auf die Binnenschifffahrt und die Bahn zu setzen. Bis zu 45 Prozent der Containerladungen sollen bis 2035 über die Binnenschifffahrt zum Ziel gelangen.
Aurelia Vögeli vom Logistikcluster Basel und wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Handelskammer beider Basel warb unlängst in der lokalen Tagespresse für Verständnis: «Die Branche hat es schwer, ausreichend geeignete Flächen zu finden, die entwicklungsfähig sind.» SRH-Direktor Hans-Peter Hadorn verweist auf die Dringlichkeit des Projekts: «Der Kapazitätsausbau soll den stark zunehmenden Güterverkehr ab Ende des Jahrzehnts auffangen. Diese Kapazitäten werden bis über 2030 hinaus ausreichen.»
Hadorn taxiert das diskutierte zusätzliche Containerterminal in Weil am Rhein nicht als Konkurrenzprojekt: «Es zeigt sich, dass der Standort Weil am Rhein komplementär ausgelegt wäre und nicht ein Gateway-Konzept mit entsprechender Bündelung aller Verkehrsträger umgesetzt wird.» Infolge des zuerst zu schaffenden Anschlusses an die Autobahn sei der Zeithorizont für eine Realisierung eines zusätzlichen Umschlagszentrums in einem Zeitraum ab 2030 anzusiedeln. Wenn danach ein ergänzendes Schiff-Strasse-Terminal in Weil am Rhein zur Verfügung stehen würde, um weiteres Wachstum aufzunehmen, wäre dies eine mögliche Winwin- Situation.

Kleinteilige Struktur überholt
Auch die oben erwähnte Transcare- Studie rechnet mit jährlichem Wachstum sowohl bei der Binnenschifffahrt als auch bei der Bahn, welches in der Tendenz das Wachstum des Bruttoinlandprodukts um ein bis zwei Prozent überragen wird. Gleichzeitig weist sie auf die bereits hohe Auslastung der bestehenden trimodalen Terminalanlagen in Kleinhüningen (80–97 Prozent) hin. Die Ausgangssituation an den Rheinhäfen werde von den Autoren der Studie nicht grundsätzlich anders eingeschätzt als von den Unterstützern des Terminals Basel Nord, so Hans-Peter Hadorn. Zu kritisieren sei hingegen die Schlussfolgerung, dass die bestehenden Anlagen ausreichen würden. Er verweist auf die Erkenntnisse, die in der Botschaft zum neuen Gütertransportgesetz schon festgehalten sind: «Die bestehende kleinteilige Terminalinfrastruktur ist ungeeignet, um das Wachstum aufnehmen zu können. Und im Sinne des kombinierten Verkehrs macht es Sinn, Güter mit einem hohen Anteil auf der Schiene an Zielorte in der Schweiz weiterzuverteilen. Zur Kapazitätserhöhung braucht es eben noch die Bündelung der Ver kehre, um die Effizienz und die Förderung des kombinierten Verkehrs voranzutreiben. »

Die Planungsgesellschaft Gateway Basel Nord AG (GBN) hat das Bauprojekt bereits beim Bundesamt für Verkehr eingereicht. Mit der offiziellen Eröffnung des Plangenehmigungsverfahrens wird in den nächsten Wochen gerechnet.

Manuel Fischer

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