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NexTrust für nachhaltige Logistik

Zwei LKw auf der AutobahnSüsswarenhersteller und Händler bündeln die Sendungen auf einer Multi-Supplier/ Multi-Retailer-Plattform und beliefern auf optimaler Transportroute die Händler. Kühne + Nagel ist Projektpartner.

Vier grosse belgische Gebäckproduzenten haben ihre Anliefertransporte für vier belgische Händler zusammengelegt, um so die Lkws besser auszulasten und die Zahl der Fahrten zu reduzieren. Durch die Bündelung der Sendungen wird das Frachtvolumen reduziert, Kosten werden eingespart und CO2-Emissionen verringert. Um die Einhaltung des europäischen Kartellrechts zu gewährleisten, erfolgt die Zusammenarbeit über Treuhänder und mithilfe spezialisierter Anwälte.

Wertschöpfung durch Kooperation und Neutralität
Vor dem Genuss durchläuft das Gebäck ein sehr komplexes Logistiksystem. Dabei überwinden kleine und mittlere Produzenten mit kleiner Fracht grosse Entfernungen, um Gross- sowie Einzelhändler zu beliefern. Die Transporte werden durch die wachsende Verkehrsbelastung immer schwieriger, teurer und belasten zunehmend die Umwelt. Darüber hinaus müssen die Hersteller mit saisonal stark schwankenden Produktionsmengen und zeitweise knappen Lagerkapazitäten zurechtkommen. Eine einfache Erhöhung der Bestellmenge aufseiten des Handels ist dabei keine Option, denn damit würde das finanzielle Risiko eines Warenüberhangs auf den Handel übergehen. Somit hängt die Verfügbarkeit der Produkte im Handel von unwirtschaftlichen Teillieferungen ab. Im Rahmen von NexTrust werden die Transporte so gebündelt, dass die Lkws maximal ausgelastet sind. Für dieses EU-Horizon-2020-Projekt haben die Gebäckhersteller Vondelmolen, Vermeiren Princeps, Poppies und Desobry gemeinsam mit den Händlern Delhaize, Le Lion/De Leeuw, Colruyt, OKay und Retail Partners Colruyt Group RPCG eine neue Multi-Supplier/Multi-Retailer- Plattform entwickelt. Die Schlüsselkomponente für die hersteller- sowie händlerübergreifende Zusammenarbeit bildet ein Lagerhaus, das als Güterverteilzentrum dient. Hier stellt jeder teilnehmende Produzent ein Kontingent an Waren zur Verfügung, welches die teilnehmenden Händler einsehen und abrufen können. Die Ware unterschiedlicher Lieferanten wird dort zu gemeinsamen Transporten gebündelt, um die Lkws besser auszulasten und die Händler auf optimaler Route zu erreichen. Bei der Multi- Supplier/Multi-Retailer-Plattform steht die Neutralität im Vordergrund. Anders als bei herkömmlichen Plattformen zur Transportbündelung organisieren sich hier mehrere Hersteller und Händler untereinander und eröffnen so unterschiedliche Zusammenarbeitsmodelle.

Erfolgreiche Zusammenarbeit
Eine wichtige Rolle spielt das «Trustee Business Modell», ein Geschäftsmodell basierend auf dem Einsatz von Treuhändern. Der Treuhänder gewährleistet eine kartellrechtlich einwandfreie Zusammenarbeit von Wettbewerbern auf der Hersteller- sowie Handelsseite. Tri- Vizor und Giventis haben im NexTrust- Pilotprojekt die Rolle der Treuhänder übernommen. Begleitet wurden sie dabei von der Anwaltskanzlei Kneppelhout & Korthals Advocaten. Weitere Unterstützung erhielten die Beteiligten von der belgischen GS1 Organisation sowie der Wissenschaft, vertreten durch die Konsortialpartner Vlerick Business School und Vrije Universiteit Amsterdam. Die Pilotphase dauerte vom 6. bis zum 31. März 2017. Kühne + Nagel stellte in dieser Zeit sein Distributionscenter im belgischen Mechelen zur Verfügung und übernahm einen Grossteil der Koordination der Transporte zwischen Herstellern, Plattform und Händlern. Auch für die Transporteure geht eine solche Zusammenarbeit weit über die herkömmlichen Verträge mit Auftraggebern hinaus. Der Logistikdienstleister hat das Potenzial schnell für sich erkannt und sofort Interesse an diesem Pilotprojekt bekundet. Das zeigt, wie wichtig Kollaboration für die Zukunft der Logistik ist. Nach der Testphase wollen die Partner die Multi-Supplier/Multi-Retailer-Plattform in den Regelbetrieb überführen. Noch werden die Ergebnisse ausgewertet, jedoch ist heute schon klar: Je mehr Hersteller und Händler sich beteiligen, desto höher ist der daraus resultierende gemeinsame Nutzen und damit die Kostenersparnis. Das Projekt zahlt sich auch in Sachen Nachhaltigkeit aus: Je besser die Lkw-Auslastung, desto weniger Lkws sind auf der Strasse und entsprechend weniger CO2 wird ausgestossen. Weitere Süsswarenproduzenten sowie Handelsunternehmen haben bereits ihre Teilnahme an der Plattform angekündigt.

Birgit Kretzer

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