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Digitalisierung, die dem Kunden dient

Personen die auf einen Computermonitor schauenEchte digitale Transformation steckt nicht in den «Bits & Bytes». Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern stellt das Kundenbedürfnis ins Zentrum, das dank digitalisierter Prozesse schneller, besser, effizienter und komfortabler erfüllt werden kann. Customer Centricity und die klare Definition von Zielen sind die Pflicht, Experimentierfreude und ein langer Atem die Kür.

Die Frage stellt sich, worum es beim Schlagwort «Digitalisierung» im Grundsatz geht. Wenn «digital sein» als Selbstzweck verstanden wird und Unternehmen nur noch um sich selber kreisen, weil sie ständig neue Applikationen und Tools evaluieren, implementieren, migrieren und sich damit zu «transformieren» meinen, geht Digitalisierung am eigentlichen Ziel vorbei. Denn «digital sein» bedeutet, aus der Vielzahl an neuen Technologien diejenigen auszuwählen, die eine digitale Geschäftsidee so optimal wie möglich an einem Ziel ausrichten. Ganz pauschal ist dieses Ziel, den Kunden und sein Bedürfnis radikal ins Zentrum zu stellen und ihm dank digital geborener und gesteuerter Prozesse neue, bessere Services mit hoher Bedienerfreundlichkeit zu geringen Kosten bereitzustellen.

Customer Centricity: eine neue Art zu denken
Fakt ist: Es sind nicht die Technologien, die für die Erfüllung der Kundenbedürfnisse zuständig sind. Doch zugleich entstehen dank den Technologien neue Player. Zunächst schien es, als seien die etablierten Marktführer gegen die Innovationskraft der Newcomer machtlos. Doch mittlerweile hat sich in den meisten Branchen ein Mitanstelle eines Gegeneinander herauskristallisiert.Denn während die technologiegetriebenen neuen Geschäftsmodelle der Start-ups besonders gut darin sind, Kundenfeedback rasch aufzunehmen und auf ihren Cloudplattformen oder in ihren Apps umzusetzen, verfügen die etablierten Marktkräfte über einen anderen Vorteil: Sie besetzen häufig schon Kundenschnittstellen und haben eine Wertschöpfungstiefe, die eine Dienstleistung Ende-zu-Ende abdeckt. So komplettiert beispielsweise ein Zürcher Start-up namens Spearhead mit seiner Digitalisierungslösung für einen KFZ-Schadenprozess das Connected- Car-Angebot von T-Systems für die Versicherungswirtschaft. Für diese Art von Partnerschaften existieren Innovation- oder Impact-Hubs in Zürich oder Bern, die Pioniere und gestandene Unternehmen zusammenführen.

Doch wer ist letztlich zuständig dafür, dass der Kunde und sein Bedürfnis im Zentrum stehen? Neben die Suche nach dem geeigneten Geschäfts- und Servicemodell sowie der Wertschöpfungstiefe tritt die Verantwortung dafür, wie ein kundenzentriertes Kooperationsmodell innerhalb dieser entstehenden Ökosysteme aussehen soll. Erfolgsentscheidend für die neue Art der Customer Centricity ist, dass der Kunde und sein Bedürfnis ganzheitlich betrachtet werden. Hierzu muss sich auch das Unternehmen selbst einem ganzheitlichen Ansatz verschreiben.Das ganze Unternehmen muss sich nicht nur im Hinblick auf seine Digitalität, sondern in seinem Mindset und seinem Handeln transformieren. Dabei sind die Dimensionen Mitarbeitende, Strukturen/Prozesse und «last but not least» die Kultur einzubeziehen. Wer seine Mitarbeitenden befähigt, die neuen Technologien zu beherrschen und zum Nutzen des Kunden einzusetzen, seine Hierarchien verflacht und die Prozesse neu vom Kundenbedürfnis aus denkt, ist bereits auf einem guten Weg. Wer es dann noch schafft, dies als steten Optimierungsprozess in seiner Unternehmenskultur zu verankern, wird im Kampf um «adapt or die» zu den Überlebenden gehören.

Ziele setzen und experimentieren
Aus dem Kundenbedürfnis heraus lässt sich das Ziel eines Digitalisierungsprojekts ableiten. Muss ein bestehendes Geschäftsmodell schlanker gestaltet werden, indem ein Mietwagen per App digital ausgewählt, bezahlt und entriegelt und in Betrieb genommen werden kann? Oder muss ein neues Businessmodell erschlossen werden, wie der beste Transportmittelmix von A nach B, der dem Zeit- und Kostenbudget entspricht? Wie auch immer, auf der Basis eines Bedürfnisses und eines Ziels müssen die nötigen Geschäftsprozesse konzipiert werden. Wer einen schlechten Geschäftsprozess digitalisiert, hat im Zweifelsfall im Anschluss einen schlecht designten digitalen Prozess. Was aber macht einen guten digitalen Geschäftsprozess aus? Eine glaubwürdige digitale Präsenz ist vor allem eines: transparent

Sie ist intuitiv und erklärbar
Der Kunde versteht, warum er dieses und nicht ein anderes Angebot erhält.

Sie ist ethisch einwandfrei
Der Kunde weiss, wann und wie er mit realen Menschen im Dialog steht und wann und wo ein automatisierter Prozess im Gang ist.

Sie ist innovativ
Mit der Innovation ist es so eine Sache. Viele Menschen sind bereit, sich auf neue Technologien einzulassen, wenn diese intuitiv zu bedienen sind und der Mehrwert relativ rasch sichtbar wird. Schwieriger ist es mit Innovation, für die man seine Komfortzone verlassen und Gewohnheiten durchbrechen muss. Letzteres findet häufiger im Businessumfeld statt. Daher ist es wichtig, im Unternehmen einen neuen Mindset aufzubauen, der die Mitarbeitenden ermutigt, Bestehendes infrage zu stellen.

Sie ist konsistent
Ein Unternehmen, das im realen Leben eher traditionell und bodenständig daherkommt, sollte sich in seiner digitalen Präsenz nicht als Trendsetter oder gar Disruptor darstellen – es sei denn, für ein ganz spezifisches neues Angebot soll eine ganz spezifische Zielgruppe angesprochen werden.

Sie ist umsetzbar
Was nutzt der technologisch führende Onlineshop, wenn die nachgelagerten Prozesse in der Bestellabwicklung, der Logistik und dem Kundenservice nicht entsprechend designt sind? Ein Geschäftsprozess muss immer Ende-zu- Ende konzipiert sein, um die Kundenwünsche von A bis Z aus einem Guss heraus erfüllen zu können.

Kundenorientierung im herkömmlichen Sinne war meist dem Marketing und Sales zugeordnet. Doch wertvolle Anregungen über einen Kundenwunsch können auch vom Servicetechniker oder aus dem Callcenter kommen. Für die Aufnahme dieser Inputs und deren Abbildung in einem digitalisierten Prozess gibt es in den meisten Fällen keine Lösung «von der Stange». Experimentieren ist somit der beste Weg, neue Ideen auszuprobieren. Ein weiterer Vorteil, sich aufs Experimentieren einzulassen, ist, dass mit limitierten Budgets die Machbarkeit und der Erfolg getestet werden kann, ohne sofort enorme Investments in die Komplettumgestaltung des Unternehmens stecken zu müssen. Unter «Lab»- und «Co-Creation»-Bedingungen kann eine Vielzahl kleinerer Projekte gestartet werden, aus denen dann die vielversprechendsten ausgewählt werden. Zu Beginn werden sich diese Digitalisierungsprojekte in einer Nische befinden. Das Geld wird über einen längeren Zeitraum womöglich noch über das Kerngeschäft verdient. Doch mit jedem «Proof of Concept», der in die reguläre Geschäftsaktivität überführt wird, steigt das Selbstbewusstsein, mit der Digitalisierung auf dem richtigen Weg zu sein. Denn erst wenn ein echter, messbarer Return on Investment aus der Digitalisierung resultiert, erfüllt sie ihren eigentlichen Zweck.

Dirk Balgheim Head of Group Portfolio Unit Digital Solutions, T-Systems Schweiz

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