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Von 0 auf Digital in den Technischen Industrien

Digitalisierung gelingt nur mit Normen und Standards. Einheitliche Terminologien unterstützen die Marktdurchdringung und sorgen für Kompatibilität. Sie sind wichtige Instrumente, die Herausforderungen der Digitalisierung im Bereich der Technischen Industrien zu meistern.

Technische Industrien lassen sich ganz nach Art ihrer Produktherstellung in fertigungsintensive Bereiche wie Elektronik, Maschinenbau, Anlagenbau, Automobil- und Schiffsbau und prozessintensive Bereiche wie Energie-, Verfahrens-, Wasser- und Abfallaufbereitungstechnik, Pharmazie- und Lebensmitteltechnik unterteilen.

Ganz im Gegensatz zur Konsumgüterindustrie stehen die Technischen Industrien aufgrund der Langlebigkeit und Komplexität der Produkte vor der Aufgabe, die Infrastrukturen der notwendigen Entwicklungs-, Beschaffungs-, Logistik-, Fertigungs-, Qualitäts-, Kommissionierungs-, Vertriebs-, Kundendienst- und Wartungsaktivitäten (MRO) auf Jahre im Voraus zu definieren und aufzubauen. Zusätzlich muss für die Investitionsentscheidungen bezüglich des zukünftigen Produktlebenszyklus neben der funktionalen Kompetenz auch die Anpassungsfähigkeit der Prozesskette berücksichtigt werden, obwohl deren spezielle Bedürfnisse fünf bis zehn Jahre vor der ersten Instandhaltungsaktivität noch niemand kennt.

Ursachen-Wirkungs-Diagramm
Im vorliegenden Beitrag habe ich für Unternehmen der Technischen Industrie wichtige Aspekte und Handlungsempfehlungen zusammengefasst, die den Einstieg in die Industrie 4.0 unterstützen. Wie können Unternehmen durch Automatisierung und Standardisierung ihre Prozesseffizienz erhöhen, ihre internen Kosten verringern und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern?

Wichtig ist, dass trotz zunehmendem Digitalisierungszwang die Einführung neuer Technologien nur dann sinnvoll ist, wenn eine Prozessanalyse in Form einer Ursachen-Wirkungs-Analyse durchgeführt wurde. Das Ishikawa-Prinzip «Mensch – Material – Methode – Milieu – Maschine» hat sich dabei in der Vergangenheit besonders bewährt und soll im Folgenden beispielhaft zum Zweck der Digitalisierung der Technischen Industrien vorgestellt werden.

Mensch
Grundsätzlich gilt bei der Einführung neuer Technologien, dass vor allem die Mitarbeiter über deren Akzeptanz entscheiden. Daher ist es wichtig, innerhalb des Unternehmens auf eine offene und transparente Kultur hinzuarbeiten, in der Entscheidungen mit dem notwendigen Sachverstand, Respekt für Menschen, Prozesse und Maschinen sowie die allgegenwärtigen Unternehmensziele getroffen und gemeinsam implementiert werden. Dazu gehört auch die frühzeitige Einbindung interner und externer Partner wie Lieferanten, Zulieferer und Hochschulen.

Material
Industrie 4.0 bedeutet die Vernetzung der realen mit der virtuellen Welt. Fertigungsprozesse verschmelzen mit der Informationstechnologie. Disziplinen wie Anlagenbau, Logistik und Vertrieb kommunizieren miteinander auf eine neue, intelligente und smarte Art. Grundlage hierfür ist die eindeutige Identifizierung von Artikeln durch numerische Schlüssel. Die GS1 Identifikationsschlüssel sind das Herz des GS1 Systems. Sie ermöglichen die weltweit eindeutige Identifikation von Produkten, Standorten, Transporteinheiten und vielem mehr.

Im zweiten Schritt werden die Identifikationsschlüssel durch standardisierte Datenträger, wie ein- oder zweidimensionale Barcodes oder RFID-Tags, fest mit dem physischen Artikel verbunden. In der dritten Phase «Share» legen die GS1 Standards die Regeln für den Datenaustausch fest, wie die Informationen über das Netzwerk der Supply Chain ausgetauscht und von allen Teilnehmern genutzt werden können. Sie liefern die Basis für den firmenübergreifenden Austausch von Geschäftsdokumenten, ermöglichen den Stammdatenaustausch und sorgen für die lückenlose Rückverfolgbarkeit in der Lieferkette.

Methode
Weiter gehören definierte und verfügbare Arbeitsabläufe und Handlungsanweisungen zu den festen Erkennungsmerkmalen einer nachhaltigen Unternehmenskultur. In welcher Form die Prozesse dabei dokumentiert sind, ist von untergeordneter Rolle. Entscheidend ist nicht nur das gemeinsame Verständnis über die gesamte Unternehmensstruktur hinweg, sondern auch, wie schnell und nachhaltig Prozessänderungen implementiert und manifestiert werden.

Um Prozesse zu optimieren, wird häufig die Datenflussanalyse eingesetzt. Hierbei werden Abläufe durch systematische Auswertung der statistischen Daten charakterisiert, analysiert, hinterfragt und optimiert. Zur modernen Charakterisierung eines technischen Artikels dient unter anderem das Referenzarchitekturmodell Industrie 4.0 (RAMI 4.0). Es beschreibt den Lebenszyklus eines Artikels («Asset») mit all seinen physischen und virtuellen Eigenschaften, von der Entwicklung über die Fertigung und Nutzung bis hin zur Entsorgung.

Milieu
Die Vernetzung der Partner wird ermöglicht durch erhöhte Transparenz, verbesserte Kommunikation und die Interoperabilität verschiedener Datensysteme, unabhängig von Formaten. In diesen dezentralen Datensystemen ist der Standort des Benutzers nebensächlich.

Maschine
Die digitalen Technologien durchdringen alle 13 Phasen der Wertschöpfungskette. Daher ist es aus Sicht der Technischen Industrie wichtig, mit der eindeutigen Identifizierung durch den digitalen Zwilling, der nichts anderes als eine digitale Kopie des realen Objekts darstellt, eine solide Basis für die Vernetzung und den damit zusammenhängenden, wichtigen Informationsaustausch zu schaffen.

Die Methode des digitalen Zwillings wurde bereits im Jahr 1974 durch die Verwendung des Barcodes im Konsumgütersektor eingeführt. So gesehen darf sich GS1 45 Jahre später als Pionier der Digitalisierung bezeichnen. Denken Sie an diese Tatsache, wenn Sie auf der Suche nach einem starken Partner im Bereich Prozessanalyse, Datenanalyse oder Beratung sind.

Dr. Uwe Rüdel
 

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