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«Wir sind noch nicht am Ziel»

Je mehr Daten, desto besser: Der mit dem Swiss Logistics Award ausgezeichnete Datenmarktplatz der Migros entfaltet erst mit zunehmender Menge der Inhalte sein wahres Potenzial. Darüber haben wir mit Marcel Ducceschi, Leiter CU Shared Information Services, und Marc Inderbitzin, Head of Product Information Management beim Migros-Genossenschafts-Bund, gesprochen.

GS1 network: Wie lautet Ihr Fazit zum Marktplatz der Logistikdaten per heute? Marcel Ducceschi:
Wir sind mit den Fortschritten sehr zufrieden, auch wenn wir noch nicht am Ziel sind. Das Projekt ist eher ein Marathonlauf denn ein Sprint. Im Fokus stehen nun einerseits die funktionale und technische Weiterentwicklung und andererseits die Fortschritte beim Onboarding der Partner.
Marc Inderbitzin: Wir haben von verschiedenen Migros-Unternehmen bereits positive Rückmeldungen erhalten. Das zeigt uns die hohe Praxisrelevanz für den Datenmarktplatz.

Welche Vorteile hat die Migros heute aus der Nutzung der Marktplatzdaten?
Marcel Ducceschi: Wir nutzen die Daten erstens für die Warenrückverfolgung und als Grundlage für die Versorgungsplanung. Zweitens dienen sie der sehr zeitnahen Optimierung und Steuerung von Prozessen beispielsweise im Wareneingang. Drittens ermöglichen sie uns die Erstellung analytisch auf die Zukunft ausgerichteter Planungsszenarien.
Marc Inderbitzin: Die Marktplatzdaten dienen derzeit zur besseren Automatisierung der Frischelogistik. Wir wollen jetzt nicht nur diesen einen Anwendungsfall in der Tiefe skalieren, sondern auch in der Breite ermöglichen. Ein Beispiel dafür ist unsere Initiative «Supply Chain Visibility Früchte und Gemüse».

Gibt es Pläne für den Einsatz bei weiteren M-Einheiten oder Handelspartnern?
Marcel Ducceschi: Bis 2022 wollen wir innerhalb der Migros weitere Partner anschliessen, da gibt es noch Potenzial. Ausserhalb unserer Organisation wollen wir mittelfristig noch einige hundert Unternehmen einbinden. Da stehen wir erst am Anfang. Unser Ziel ist, einen möglichst umfassenden Datenmarktplatz zu kreieren. Mit diesen Daten lassen sich viele Anwendungen schaffen, die uns und unseren Partnern eine vielfältige Optimierung von Prozessen erlauben.
Marc Inderbitzin: Überzeugend ist vor allem die geringe technische Komplexität, sieht man sie einmal in Relation zu den Effizienzgewinnen aus der datengestützten Automatisierung. Dadurch ist der Aufwand für einzelne Unternehmen, die sich dem Marktplatz anschliessen wollen, gering. Die Daten können sogar via App erfasst werden. Der Mehrwert über Skaleneffekte aus der Nutzung dieses Datenaustausches beträgt ein Vielfaches.

Welche Herausforderungen gab es während des Projekts?
Marcel Ducceschi: Obwohl wir GS1 Standards nutzen, zeigte sich rasch, dass es relativ wenig am Markt verfügbare Standardsysteme für EPCIS gibt. Wir konnten uns nicht wie beispielsweise bei EDI einfach am Markt ein fertig funktionierendes System für den Datenmarktplatz kaufen.

Was sollten Firmen beachten, die Ähnliches andenken?
Marcel Ducceschi: Aus meiner Sicht können Unternehmen, die Erfahrung mit EDI haben, sehr vieles davon nutzen. Der Datenmarktplatz ist ähnlich aufgebaut. Die Einführung von EPCIS ist aber, wie auch bei EDI, nicht nur eine technische, sondern auch eine organisationale Herausforderung. Man muss Dutzende von Kunden und Partnern ausserhalb der eigenen Unternehmung von Sinn und Zweck einer Teilnahme überzeugen. Der dafür nötige Aufwand richtet sich nach der Qualität der Partnerbeziehung, man sollte ihn aber nicht unterschätzen.

Marc Inderbitzin: Die ausgetauschten Daten sind immerhin keine Geheimnisse, sondern nur die Informationen zu den gelieferten Paletten und Gebinden und deren Inhalt. Der für die Marktplatzteilnahme nötige Aufwand liegt insbesondere in der firmeninternen Generation beziehungsweise Digitalisierung dieser Daten. Die Firmen müssen in der Lage sein, diese Daten aus ihren eigenen Prozessen zu generieren. Dieser Schritt Richtung Digitalisierung bringt ihnen oft schon intern erhebliche Mehrwerte. Erst im zweiten Schritt werden die Daten auf den Marktplatz übermittelt.

Was bedeutet die Verleihung des Swiss Logistics Award für das Projekt?
Marcel Ducceschi: Dies hat einen sehr positiven Effekt für uns. Dadurch bestätigen externe Fachleute die Qualität und die Relevanz unseres Projekts. Das merken wir vor allem beim Onboarding neuer Partner. Der Award bestätigt, dass es sich hier um eine zukunftsfähige Lösung mit Investitionssicherheit handelt. Diese Aussage wird durch die Verwendung etablierter GS1 Standards untermauert. Derzeit bereiten wir die Bewerbungsunterlagen für den European Logistics Association Award vor und hoffen, dass wir uns dort gut positionieren können.
Marc Inderbitzin: Ich kann mich dieser Bewertung nur anschliessen, die sich mit meinem Eindruck deckt. Der Swiss Logistics Award ist ein regelrechter Türöffner für die weitere Entwicklung unseres Projekts.

Die Fragen stellte Alexander Saheb.

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