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Die Rückverfolgbarkeit von Komponenten in der Bahnindustrie

Mit der Einigung zur Verwendung der GS1 Standards hat die Eisenbahnindustrie aus den D-A-CH-Ländern (Deutschland, Österreich und Schweiz) sowie Frankreich einen weiteren Schritt zu einer effizienteren Materialbewirtschaftung vollzogen. Als Basis dienen die gemeinsam ausgearbeiteten Anwendungsempfehlungen zur Identifikation von Komponenten, Bauteilen, Schienenfahrzeugen und Ersatzteilen im Bahnwesen.

Datenverkehr als Basis moderner Materialwirtschaft
Damit ist die Basis geschaffen für einen Datenaustausch, der im Bezug zu Materialien ebenfalls aufbauend auf den Standards und Lösungen von GS1 erfolgen kann. Hierbei ist zwischen drei Ebenen zu unterscheiden:
• Stammdaten, das heisst statische Daten wie Produkt-Beschreibungen.
• Bewegungsdaten sind Informationen zu Transaktionen zwischen Unternehmen (z. B. Bestellung, Lieferavis).
• Ereignisdaten sind alle Informationen, die im Verlauf des Lebenszyklus eines physischen Objekts anfallen (z. B. bei der Herstellung, im Austausch, aber auch während des Betriebs, unter anderem durch sensorbasierte Temperaturdaten).

Die dazugehörigen Werkzeuge, die zum Datenaustausch eingesetzt werden können, lassen sich in drei Ebenen gliedern:
• Stammdaten: Global Data Synchronisation Network (GDSN) oder GS1 Digital Link Bewegungsdaten: Electronic Data Interchange (GS1 XML, EANCOM)
• Ereignisdaten: Electronic Product Code Information Services (EPCIS)

Neben dem Einsatz des elektronischen Datenaustausches (EDI) steht in der Eisenbahnindustrie auch EPCIS stark im Fokus. Dabei handelt es sich um eine gemeinsame Sprache für den unternehmensübergreifenden Austausch von Daten, welche auf konkreten Geschäftsereignissen beruhen.

Über EPCIS werden alle Ereignisse im Lebenszyklus eines Objekts erfasst, ausgetauscht und ausgewertet, wodurch ein unternehmensübergreifendes Lebenszyklusmanagement des Produkts ermöglicht wird. Davon profitiert sowohl der Kunde (Profitabilität des Anlageguts) als auch der Hersteller (Erfüllung Lastenheft).

An jedem Punkt, an dem Daten im EPCIS-Format zur Verfügung gestellt werden, erfolgt die Gliederung der Informationen nach den fünf Kriterien Wer?, Was?, Wo?, Wann? und Warum? So können alle Partner unabhängig von den eingesetzten Systemen in Echtzeit auf dieselben Daten zugreifen, was eine durchgängige Prozessüberwachung erlaubt. EPCIS ermöglicht es, sowohl den aktuellen Standort in Echtzeit zu übermitteln (Tracking) als auch die Route eines Objekts im Nachhinein zu verfolgen (Tracing).

Als Ergänzung zu EPCIS dient der CBV-Standard (Core Business Vocabulary), der Begrifflichkeiten präzisiert sowie typische branchenübergreifende Geschäftsprozesse definiert und konkrete Datenwerte vorgibt. Zudem gestattet er die Definition branchenspezifischer und unternehmensindividueller EPCIS-Werte.

Zusammen mit dem GS1 Global Traceability Standard (GTS2), der sicherstellt, dass der Informationsaustausch auch ausserhalb der eigenen Organisation sowie zwischen den vor- und nachgelagerten Supply-Chain-Partnern über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg transparent und interoperabel erfolgt, ist die globale Rückverfolgbarkeit möglich.

Für die Technischen Industrien ist EPCIS besonders interessant, weil bei Bedarf sämtliche während der Lebensdauer eines Produkts, einer Anlage oder einer Baugruppe durchgeführten Wartungs-, Reparatur- und Überholungsarbeiten transparent erhoben und kommuniziert werden können.

Transparente Prozesse
Für die spezifische Anwendung von EPCIS in der Eisenbahnindustrie haben die Akteure bereits zwei Anwendungsstandards gemeinsam definiert. Teilnehmende Akteure sind neben den Betreibern und Bauteileherstellern vor allem Systemhersteller, aber auch die Systemintegratoren sowie die Anbieter von Reparatur-, Wartungs- und Ersatzteil- Leistungen.

Zum einen wird angestrebt, über EPCIS Fahrzeug-Diagnose-Daten oder den Verlauf von Zügen sichtbar zu machen. Dies soll es in Zukunft ermöglichen1,
a) Güter auf ihrem Weg zu verfolgen und zu orten,
b) die Verfügbarkeit von Fahrzeugen zu verbessern und
c) die absolvierte Strecke zur Planung von vorbeugenden Wartungsmassnahmen abzuschätzen.

Zum anderen sollen die Daten der Fahrzeuge mit den Daten des Wayside Train Monitoring Systems (WTMS) verknüpft werden, sodass damit weitere Entwicklungen in der vorbeugenden Wartung von Fahrzeugen und Komponenten ermöglicht werden.2

Mit dem kürzlich begonnenen Ausarbeiten von Merkmalslisten für den Datenaustausch von konkreten Bauteilen, wie beispielsweise Radlagern, Rad- und Reibscheiben, Radsatzwellen, Radsätzen oder Drehgestellen, wurde ein weiterer Schritt gemacht, um in der Anwendung von EPCIS entscheidend vorwärtszukommen. Unter anderem einigten sich die Partner darauf, durch Verwendung der Identifikationsnummern (Serialised Global Trade Item Number SGTIN oder Global Individual Asset Identifier GIAI) die Einzelkomponenten bereits beim Zusammenbau eindeutig der jeweiligen Baugruppe zuzuordnen. Dies wird zusätzlich durch die Vereinbarung eines gemeinsamen Schlüssels zur Zuordnung der Einbauposition stark erleichtert.

Im Wesentlichen ist es das Ziel, ein durch eine GS1 Identifikationsnummer (SGTIN oder GIAI) gekennzeichnetes Objekt auf seinem Lebensweg (Herstellung, Lieferung, Einbau, Betriebsüberwachung, Instandhaltung bzw. Ausbau, Aufarbeitung, Reparatur oder Überholung, Wiederinbetriebnahme usw.) durch die EPCIS-konforme Erfassung für alle sicht- und interpretierbar zu machen und somit dessen Rückverfolgbarkeit zu garantieren. Die Abbildung zeigt ein Beispiel des angestrebten Zustands. In einem nächsten Schritt arbeiten die Akteure aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gemeinsam an einem Pilotprojekt, um die definierten Vereinbarungen zu testen und umzusetzen sowie die notwendige Infrastruktur zum Austausch der eigentlichen Ereignisprotokolle zu generieren.

Dr. Uwe Rüdel  

Weitere Informationen
GS1 Switzerland
Dr. Uwe Rüdel Branchenmanager Technische Industrien
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