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Inszenieren und personalisieren

Besucher der Online Marketing Konferenz in Bern im HörsaalDie konsequente Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Kunden und die Personalisierung der Produkte und Inhalte bestimmen die Zukunft des Onlinehandels und -marketings. So lautet ein Fazit der 7. Schweizer Online Marketing Konferenz (OMK), der Fachveranstaltung für Onlinemarketing, E-Commerce und E-Business. 

 

Die OMK hat sich in den letzten sechs Jahren zu einem festen Bestandteil der Schweizer E-Commerce-Szene entwickelt und ist eine wertvolle Plattform für den Austausch unter Meinungsführern, Branchenexperten und Vertretern aus Wirtschaft und Wissenschaft geworden. Das zeigten auch die vollen Ränge an der diesjährigen Ausgabe vom 22. August in Bern: 321 Personen nahmen an der Konferenz teil. Getreu dem Motto «Hier lernst du was» gaben nationale und internationale Experten ihr Wissen und ihre Erfahrungen weiter, gaben neue Denkanstösse und erläuterten ihre Vorgehensweisen.

Unterhaltsame und überraschende Keynotes
Die Besucherinnen und Besucher konnten sich auf spannende und aktuelle Inputs von verschiedenen Referenten freuen. Los ging es mit einem Blick in die Zukunft. Professor Dirk Morschett von der Universität Freiburg zeigte in seiner Keynote, wie der Schweizer Detailhandel von übermorgen aussehen könnte. Will er mit der ausländischen Konkurrenz mithalten, so Morschett, muss er den Konsumenten kompromisslos ins Zentrum stellen und umfassende Problemlösungen anbieten anstatt lediglich Produkte. Bilder sprechen mehr als tausend Worte. Laut Morschett liegen personalisierte Produkte und Visual Commerce im Trend.

Einen Blick nach Fernost ermöglichte Professor Zheng Han von der Tongji University in Shanghai. In seiner Keynote mit dem Titel «Digitale Innovationen made in China» verriet er das Geheimnis des grössten und dynamischsten E-Commerce-Markts der Welt: «Die Chinesen leihen Ideen aus dem Ausland aus, passen sie an, setzen sie um und machen sie inkrementell besser.» Ein weiterer Unterschied zur westlichen Welt: Die chinesischen Konsumenten sind mutiger und stürzen sich spielerisch mit dem Smartphone in das Einkaufsvergnügen. «Mobile Shopping ist eine Lebenseinstellung», so Professor Han. 98 Prozent der Nutzer sind mobile Internetnutzer, und in drei Jahren werden 90 Prozent der E-Commerce- Einkäufe mit dem Smartphone abgewickelt, so seine persönliche Einschätzung.

Alles Wurst und das Opossum
Wer die dritte Keynote halten wird, wussten die Besucher bis zum Beginn nicht. Als Überraschungsgast plädierte Metzger Claus Böbel auf äusserst unterhaltsame Art für mehr Persönlichkeit beim Internetauftritt und weniger Kopien von erfolgreichen Beispielen. Suchmaschinenoptimierung und Ad- Words hat er alles nicht gemacht. Böbel setzt auf das was er kann. «Smalltalk statt Big Data» lautet sein Erfolgsrezept für die erfolgreiche Vermarktung seiner inhabergeführten Metzgerei im deutschen 350-Seelen- Ort Rittersbach. Das Rezept ist einfach: «Was nicht kommuniziert wird, existiert für den Kunden nicht.» Laut dem Kult- Metzger Böbel führt die Zukunft des Handwerks weg vom reinen Warenverkaufen hin zum Warenerleben. So nutzt Böbel das Internet, um die Kunden an seiner Arbeit teilhaben zu lassen. Der Metzger ist Wurstbotschafter mit unkonventionellen Ideen. Er hält Vorträge rund um die Wurst, verschickt Wurst- Briefe, veranstaltet Wurst-Workshops, belieferte die Region mit dem eigenen Wurst-Taxi, betreibt ein Wurst-Hotel und plant nun auch noch den ersten Wurst-Wanderweg.

Den Abschluss der Veranstaltung bildete die Keynote des deutschen Experten für Onlinemarketing Karl Kratz. Mit seinem Vortrag «Die Kunst der digitalen Inszenierung» traf er den Nerv der Zeit. «Jede Information, die beim Empfänger kein Gefühl im Kopf auslöst, ist wertlos», so Kratz. Er forderte die Besucher auf, das Gehirn vor dem «Opossum-Modus», dem Totstellen bei schlechtem Onlinemarketing, zu schützen. Nur mit radikaler Einfachheit, Leichtigkeit und dem Inszenieren von Fantasien könne man nachhaltig online erfolgreich sein. Übrigens sei Inszenierung keine Frage des Budgets, sondern vielmehr der Kreativität. Und manchmal brauche es auch Mut, neue und unkonventionelle Wege zu gehen.Auch in den Sessions zwischen den Keynotes mussten die Besucherinnen und Besucher nicht darben. Mehr als 20 Referenten gaben ihr Expertenwissen und ihre Tipps zu Themen wie Cybercrime, Influencer und Content Marketing, Brand Defense oder Datenqualität weiter.

«Inspirierend», «spannend», «anregend»
Im Anschluss an das gehaltvolle Programm konnten sich die Teilnehmenden am Networking-Apéro stärken und sich mit den Referenten und anderen Zuhörerinnen und Zuhörern austauschen. Das Fazit zur Konferenz war durchwegs positiv. Besucherin Dominique Rentsch, Narimpex AG, lobte die inspirierenden Referate und den wertvollen Austausch mit den anderen Teilnehmenden. Für sich nehme sie vor allem mit, dass wir in der Schweiz mehr Mut haben sollten, Dinge auszuprobieren. Marc Boixet, iba, OWIBA AG, war bereits zum siebten Mal dabei – dieses Jahr erstmals als Referent: «Ich habe wieder viele anregende Inputs erhalten.»

Veranstaltet wird die OMK vom Fachverband GS1 Switzerland, unterstützt von der Internetagentur iqual GmbH und der GARAIO AG als Co-Organisatoren. Auch die Organisatoren ziehen eine durchwegs positive Bilanz. «Meine Erwartungen wurden übertroffen», schwärmte Dr. Olivier Blattmann, CIO bei der Internetagentur iqual GmbH. Martin Trachsel, CEO der GARAIO AG, war überwältigt, mit welcher Leidenschaft referiert wurde und dass die Themen beim Networking weiter für angeregte Diskussionen sorgten. «Sehr spannende Erfolgsgeschichten», lobte Jörg Mathis, CEO von GS1 Switzerland. Er appellierte zum Abschluss an die Besucherinnen und Besucher: «Seid mutig und bewegt euch und eure Unternehmen raus aus der Komfortzone. »

Claudia Schön und Joachim Heldt

 
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