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Europas Lebensmittellogistik als Netzwerk

Im Juni 2013 haben zwölf europäische Logistikdienstleister an einer Fachmesse in München das «European Food Network» (EFN) aus der Taufe gehoben. Damit reagierten sie auf die zunehmende Nachfrage nach europaweiten Logistikangeboten im Foodbereich. Die Erwartungen wurden im ersten Betriebsjahr erfüllt.

Die europäische Ernährungswirtschaft ist mit einem immer schwierigeren Marktumfeld konfrontiert: steigende Rohstoffpreise, Deregulierung, Konzentration auf Händler- wie auch auf Anbieterseite, härterer Wettbewerb. Ob krisenbedingt schwache Inlandnachfrage oder stagnierendes Bevölkerungswachstum; die Motivation für immer mehr europäische Lebensmittelhersteller, ihre Chancen im Export zu suchen, ist von Land zu Land unterschiedlich. Was sie aber eint, ist der gestiegene Bedarf an grenzüberschreitenden Logistikangeboten.
Dies ist unmittelbar an den Ausschreibungen von multinational tätigen Lebensmittelherstellern zu sehen: Transporte und Zentrallagerstrukturen werden immer seltener nur landesweit ausgeschrieben, sondern zunehmend für ganz Europa oder für länderübergreifende Regionen. Eine forcierte Internationalisierung ist allerdings für viele Speditions-KMU mit regionaler und subnationaler Reichweite alleine schwer umsetzbar. Eine zweite Herausforderung ergibt sich aus der Digitalisierung der Wirtschaft: Der Wandel vom Frachtführer über den Spediteur und Logistikdienstleister bis zum Logistiksystem- Entwicklungspartner erfordert neben den klassischen Vorteilen von KMU, wie Flexibilität und Kundennähe, auch geballte IT-Kompetenz. Anspruchsvolle Softwarelösungen im Bereich Logistik sind jedoch häufig mit einem hohen Finanz- und Personalbedarf verbunden.

Netzwerk gleichberechtigter Partner
Ein Ansatz, im europäischen Stückgutverkehr Wettbewerbsvorteile zu sichern oder noch auszubauen, ist die Kooperation gleichberechtigter und rechtlich selbstständiger Partner zum Aufbau eines Vertriebssystems nach einheitlichen Qualitätsstandards. Hierbei erwarten die Kunden ausgereifte Logistiklösungen, die nach Möglichkeit auch Rationalisierungseffekte im Vergleich mit bestehenden Abläufen aufweisen.
Unter dem Titel «European Food Network » (EFN) haben sich im Juni 2013 an der Fachmesse «transport logistic» in München zwölf europäische Logistikdienstleister zusammengeschlossen; Dachser Group SE & Co. KG ist Initiator des paneuropäischen Netzwerks. Das EFN hat sich zum Ziel gesetzt, das marktführende Netz für Lebensmitteltransporte in Europa zu werden – bei hoher Effizienz und einheitlichem Qualitätsstandard der Logistikdienstleistungen. Zahlreiche Rechte und Pflichten zu Etappen zwischen den Partnern mussten verbindlich geregelt werden, um dieses Ziel zu erreichen. Dabei waren die historisch gewachsenen Geschäftsmodelle der zwölf Partner sowie deren Leistungsumfang und Prozesse zu berücksichtigen.
Eine besondere Herausforderung stellte die Konfiguration der Informatik-Strukturen und IT-Schnittstellen auf die Prozesse des EFN dar. Dank der starken internationalen Vernetzung und der IT-Kompetenz wird Dachser die Systemführerschaft innerhalb des EFN zugestanden. In diesem Zusammenhang ist auch die 25-Millionen-Euro-Investition des Unternehmens in ein neues europäisches Drehkreuz für Lebensmittelsendungen in der Nähe von Frankfurt zu sehen.

Transportprodukte mit klarem Leistungsumfang
Nach aussen treten die EFN-Partner für Exportsendungen unter der Marke Vivengo auf. Die neuen Produktlinien Vengospeed, Vengofix und Vengoflex bezeichnen einen klaren Leistungsumfang aus einer genau definierten Kombination von Transportleistung und zu gewährleistender Informationsübermittlung. Die Laufzeiten ergeben sich aus festgelegten Entfernungsradien, flächendeckend und gültig für alle EFN-Partner. Die elektronische Sendeverfolgung und der online verfügbare Ablieferbeleg sind Bestandteile aller Dienste.
Gemäss René Soldner, Fachbereichsleiter Sales Support & Strategy bei Dachser Food Logistics, schafft das Netzwerk für viele Partner und deren Kunden eine internationale Perspektive. Hatten viele einzelne Speditionsunternehmen zuvor nur ein bis drei verlässliche Auslanddestinationen anbieten können, sind es nun plötzlich dreissig. Der Feinschliff zur Qualitätsverbesserung der Services erfordert von jedem EFN-Partner Koordinationstreffen auf Managementebene und Schulungen für die Belegschaft.

Interkulturelle Erfahrungen
René Soldner zieht eine positive Bilanz: «Die operativen Prozesse funktionieren hervorragend, auch die IT-Leistungen wie Sendungsverfolgung und Abruf elektronischer Ablieferbelege. » Die Nachfrage nach Exportsendungen im EFN-Netz nimmt ständig zu; das vierte Quartal 2014 weist im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 17 Prozent aus. Auch die hohe Servicequalität steht im Fokus: Dank definiertem Leistungsumfang der Vivengo- Produkte sollen die unvermeidlichen Terminverfehlungen, die jeweils die Kunden nach dem Zufallsprinzip trafen, der Vergangenheit angehören.
Offenbar wirkt sich der intensive Gedankenaustausch unter den Partnern belebend auf die innerbetrieblichen Kulturen aus. Man ist stolz auf das bereits Erreichte, so Soldner: «Es ist uns gelungen, eine Wertschöpfungskette über Ländergrenzen zu schaffen, die über die Standardisierung operativer Prozesse hinaus, trotz kultureller Unterschiede und verschiedener Firmenphilosophien, funktioniert.»

Manuel Fischer

(Foto: Dachser)

EFN in Zahlen
• 1,2 Mrd. Euro Umsatz (im Jahr)
• < 1 Mio. Warehouse-Stellplätze
• 3500 Fahrzeuge für Lebensmitteltransporte
• 1 internationale Drehscheibe (Dachser-Hub in Erlensee bei Frankfurt a. M.)

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