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Masterplan Social Media

Dominic Multerer: "Ohne eine Seele ist jede Marke tot"(naf) Dominic Multerer ist mit 19 Jahren vermutlich der jüngste Marketingexperte in Deutschland, vielleicht sogar in Europa. Marken sind seine Leidenschaft. GS1 network sprach mit Deutschlands jüngstem Marketingchef über und die digitale Welt von morgen und Machtverschiebung.

GS1 network: Das Internet erlaubt immer mehr Menschen sich Wissen anzueignen, Informationen zu erlangen und eventuell zu lernen als jemals zuvor. Wie ist die eigene Identität vom Medienwandel betroffen und welche Auswirkungen hat dies auf die Gesellschaft?
Dominic Multerer: Gravierende, weil ein Paradigmenwechseln einsetzt und sich das gelernte Verhalten einer gesamten Weltbevölkerung innerhalb weniger Jahre durch die Digitalisierung ändert. Die Frage haben Sie schon richtiggestellt und eine interessante Auswirkung angesprochen: Jeder Mensch kann sich selbstständig Wissen aneignen, ohne Kosten, denken wir an Wikipedia. Doch ein wesentlicher Fallstrick ist natürlich die menschliche Bewertung, welcher Quelle traue ich und woher bekomme ich qualitative Inhalte geliefert.

Wir müssen uns bewusst sein darüber, dass Vernetzung das Zauberwort ist und wir global Wissen erfahren können, sogar in Schwellenländern. Damit verbunden, durch die hohe Nutzung von Medien, ist eine Medienaffinität, die jeder Einzelne für sich selbst erarbeiten muss. Das heisst beispielsweise: Wie dosiere ich meine Nutzung oder welche Inhalte publiziere ich.


Wer sein Unternehmen über Social Media erfolgreich vermarkten möchte, muss authentisch sein. Wie sieht ein erfolgreiches und authentisches Unternehmensbild im Netz aus?
U
nternehmen müssen zuerst einmal eines haben: Persönlichkeit. Ohne eine Seele ist jede Marke tot. Das heisst, Sie müssen sich erst mal darüber bewusst werden, was die Inhalte ihrer Marke sind und dann können sie über Medien nachdenken.

Doch in der heutigen Zeit kann man sagen: Ja, ich muss die Eigenschaft des Social Media verstehen und die Menschen des Unternehmens stärker nach Aussen stellen. Denn Social Media personifiziert ein Unternehmen zusehend. Authentizität wird dabei jedoch nur erreicht, wenn in die jeweilige Unternehmensidentität auch wirklich jedes Glied des Unternehmens eingebunden ist. Das heisst sowohl die Chefetage als auch der Pförtner sind ein Teil des Ganzen.

Social Media beginnt im Inneren des Unternehmens. Das heisst, der erste und wichtigste Erfolgsfaktor für eine Social Media Präsenz ist eine stabile und glaubwürdige Unternehmensidentität, welche den notwendigen Unternehmensprozess verstanden hat.


Welche Firmen oder Personen nutzen ihrer Meinung nach die sozialen Netzwerke am Besten? Nennen Sie mir bitte einige Ihrer Favoriten.
Ein wirklich gutes Beispiel ist das Unternehmen simyo. Hier wurde es begriffen das Thema Social Media nicht auf eine Plattform wie Facebook zu reduzieren, sondern mit den Mechanismen zu spielen und diese klug einzusetzen.

Es wurde ein eigenes Kundenportal auf der Webseite gestartet, wo bisherige Kunden authentische Markenpaten werden und Interessenten mit ehrlichen Meinungen zur Seite stehen. Was passiert? Der Kunde erhält eine menschliche Meinung eines Kunden, der schon Erfahrungen machte. Der Pate bekommt eine kleine Entschädigung – egal ob positive oder negative Meinung. Die Marke simyo hat sich elegante aus dem Empfehlungsprozess distanziert und „nur“ die Kommunikationsplattform gestellt. Das reicht, Social Media wurde begriffen.

Ganz spannende Social Media Auftritte findet man wenn man nach „KUKA Roboters“, „Krones AG“ oder „dm drogeriemarkt“ sucht.


Welche Bedeutung werden Social Media Strategien heute und in Zukunft haben?
Strategie ist im Kommunikationsprozess immer das A und O. Ich finde es spannender, dass Sie verstehen, wie das Vorgehen aussieht und welche einzelnen Schritte getan werden müssen.

Der erste Schritt sollte vor jeder Marketingmassnahme die Einordnung in die allgemeinen strategischen Ziele des Unternehmens sein. Das umfasst die Marktpositionierung, die Festlegung der Zielgruppe und vor allem das Erkennen der eigenen Identität, die später kommuniziert werden soll. Zu dieser offenen und produktiven Runde sollten Menschen aus den verschiedenen Abteilungen gehören, die später in den Social Media Prozess einbezogen sein werden. In diesem Rahmen sollte auch die Zielsetzung ausgearbeitet werden, mit der man später eine Erfolgskontrolle durchführen kann. Dabei muss aber bedacht werden, dass Social Media Präsenzen meist eine relativ lange Anlaufphase haben. Deshalb sollten Sie anfangs die Ziele nicht zu hoch stecken.

Sind Zielgruppe, Unternehmensidentität und das Kommunikationsziel bestimmt, kann sich eine kleine, motivierte Gruppe an die detailliertere Planung machen. Wichtig ist, dass die Menschen, die mit dem Aufbau der Social Media Präsenz beauftragt ist, die Social Media auch wirklich leben und hinter der Materie stehen. Nur wer mit Leidenschaft dabei ist, kann ein Unternehmen auch authentisch repräsentieren. Die genaue Aufstellung der Social Media Aktivität verlangt akribisches Projektmanagement und detaillierte Konzeptionierung. Ein gut geführtes Portal benötigt dauerhafte, strategische und engagierte Betreuung. In dieser Phase muss man zunächst den Radius der Zielgruppe ausfindig machen und anschliessend relevanten Content zusammenstellen, der einen Seitenbesuch lohnenswert macht, Kunden anspricht und die Unternehmensidentität verkörpert. Dabei kann es sich beispielsweise um Videomaterial über Produkte oder das Unternehmen im Allgemeinen handeln. Immer wieder fallen aber auch aktuelle Ereignisse wie Messen an, die als Inhalte dienen können. Als B2B – Unternehmen muss man es schaffen, einen Mix aus Persönlichkeit und fachlicher Kompetenz zu kreieren.

Steht das Konzept und die Inhalte, kann man online gehen. Dabei empfiehlt sich aber meistens ein Testpilot, bei dem man Erfahrungen sammelt und die Reaktionen der Kunden testet. Ist dieses Projekt gut gelaufen, kann man voll einsteigen. Dann gilt eigentlich nur noch eins: Im Dialog bleiben – egal was passiert!


Viele schrecken beim Stichwort „Social Media Marketing“ zusammen und denken gleich an Kundengewinnung. Was steht für Sie im Fokus von Social Media Marketing?
Achtung, ich nehme ihnen eine Illusion: Es gibt kein Social Media Marketing. Es gibt eine andere Art der Kommunikation. Es geht eher darum die wichtigen Markenthemen zu kommunizieren, wenn man klar darüber ist, wie man diese qualitativ aufbereitet.

Zeit gehört im Leben der meisten Menschen zu einer knappen Ressource. Dies liegt unter anderem daran, dass viele Informationen irrelevant für uns sind und wir unsere Zeit somit verschwenden. Bei der steigenden Anzahl an Informationen wird relevanter oder exklusiver Inhalt an Wert gewinnen, den auch Kunden zu schätzen wissen. Das heisst, nicht nur Content alleine, sondern der Content im Kontext ist für Kunden attraktiv. So müssen Sie ihre Marke strategisch positionieren.


Jugendliche verbringen immer mehr Zeit im Internet. Social Media ist zu Hause als auch in der Schule präsent. Der tägliche Umgang mit den „neuen Medien“ bietet Chancen – aber auch Risken. Wie erzieht man Digital Natives zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit diesem Medium?
Ein universelles Rezept lässt sich dazu meiner Meinung nach nicht geben. Jeder muss es selbst dosieren für sich und aufpassen nicht süchtig zu werden, ich möchte ungern eine Diskussion anstossen, warum wir es nicht tun sollten. Dieselben Fragen sind anfangs beim Handy oder PC auch aufgetaucht. Es gibt immer extreme Menschen, ob Neue Medien oder nicht.

Auf jeden Fall wird die Social Media Denkweise wird in 5-10 Jahren fest in unserer Gesellschaft integriert sein: Transparenz, contentorientiertes Verhalten, welches medienübergreifend ist. Mit den Social Media Plattformen hat sich das Internet zu so etwas wie einer grossen Dorfgemeinschaft entwickelt, der jetzt schon eine Vielzahl von Menschen angehört. Auf den Strassen dieses Dorfes können Menschen all das tun, was sie auch im echten Leben gerne tun: Kommunizieren, sich mit Freunden verabreden, Menschen beobachten, sich über Erlebnisse austauschen, Neuigkeiten erfahren und shoppen gehen. Warum also sollten sie dieses Dorf verlassen, wenn es Ihnen alles bietet, was sie wollen, und das nur einen Klick entfernt? Es geht einfach um Dosis.


Wie weit sehen Sie den Einfluss des Internets in den Ländern jenseits der westlichen Gesellschaften - welche echte neue Chancen gibt es für Entwicklungs- und auch Schwellenländer?
Es bietet grosse Chancen, wenn man diese Entwicklung klug nutzt – und da ist es egal, ob wir über Entwicklungs- und Schwellenländer sprechen. Wir werden globaler und die Welt wird immer vernetzter, wir können jederzeit mit Menschen auf der ganzen Welt sprechen. Daraus resultiert natürlich eine Vernetzung, welche auch Wissen transportieren kann und Wirtschaften ändert.

Nicht zu vergessen sind die Ereignisse in Ägypten oder im Iran die durch Handynetze und Internet massgeblich geprägt waren. Bildung und Politik sind die Gewinner dieser Entwicklung, da es eine neue Gleichheit und Transparenz geben wird – oder schon gibt.


Was bedeutet Steve Jobs für Sie?
Steve Jobs war ein grosser Innovator und Querdenker. Ich glaube über eine „Legende“ brauchen wir nicht lange zu sprechen.

Die Fragen stellte Nathalie Francio.

 

Zur Person

Dominic Multerer ist 19 Jahre alt. Er bezeichnet sich selber als Marketeer und Referent. Seit seiner Jugend lebt er Marketing. Die Leidenschaft für Marketing wurde bei einem Auslandspraktikum in Dänemark bei SteelSeries immer stärker. Mit sechzehn Jahren übernahm er das internationale Marketing des dänischen Konsumgüterherstellers fucapo. Heute bringt er sein gesammeltes Know-How als Referent und Marketeer bei nationalen und internationalen Unternhemen ein. Er ist Referent an Kongressen und Hochschulen. www.dominic-multerer.de

 

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