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Ein Traditionsunternehmen geht voran

Das Bäckereiunternehmen Hug aus Malters gehört in Sachen digitalisierte Stammdaten zu den Schweizer Pionieren. Seit 2002 geht es diesbezüglich nur noch digital vorwärts. Der jüngste Sprung auf den GDSN-Standard verlief ebenfalls erfolgreich.

Willisauer Ringli, Dar-Vida und Wernli- Biscuits kennt man von Hug. Die Firma produziert Backwaren, vor allem Süssgebäck, welches mehrheitlich über den Schweizer Detailhandel und den Food- Service-Kanal verkauft wird. Das Unternehmen erzielte 2018 einen Umsatz von rund 119 Millionen Franken und lieferte etwa 11 500 Tonnen Ware aus. Die passenden Produktdaten aus trustbox oder via GDSN sind weniger bekannt, aber nicht minder wichtig für den Erfolg des Unternehmens.

Thomas Gisler, Leiter Supply Chain und Mitglied der Geschäftsleitung, erinnert sich: «Früher wurden Produktdatenblätter ausgedruckt und überall, wo sie notwendig waren, in Ordnern abgelegt. » Das war selbstverständlich ein sehr arbeitsaufwendiges und fehleranfälliges Vorgehen, vor allem wenn bestehende Daten aktualisiert wurden und deshalb ein physischer Austausch aller betroffenen Datenblätter nötig wurde. Zudem wurden die Produktdatenblätter nur in deutscher Sprache geführt. Deshalb entschloss man sich bereits im Jahr 2002, die Stammdaten der Produkte digital abzulegen und nicht mehr papierbasiert zu verwalten.

Produktdaten in einer Datenbank zentralisiert
Der Sprung ins Digitale dauerte rund ein Jahr und es waren etwa fünf Mitarbeitende aus verschiedenen Abteilungen damit betraut. Hug baute eine zentrale Datenbank auf, die alle Daten aus den bestehenden Subsystemen zentral erfasste. Die Sammlung umfasste beispielsweise Artikelbezeichnung, EAN-Code, Sachbezeichnung, Produktbeschrieb, Verpackungsinformationen, Dimensionen, Gewicht, Zutaten, Nährwerte, Allergeninfos, aber auch Zolltarifnummern. Von Anfang an war sie viersprachig konzipiert (Deutsch, Französisch, Italienisch, Englisch), was zunächst einen hohen Übersetzungsaufwand generierte. «Die Stammdaten waren ein tausendteiliges Puzzle, das in einer Datenbank zusammengesetzt wurde», sagt Gisler, der schon 20 Jahre bei Hug arbeitet. Anschliessend aber waren alle Produktdaten aus einer Quelle erhältlich. Rasch zeigte sich, dass der Aufwand für Pflege und Unterhalt der Datenbank wesentlich kleiner war als der für die frühere papiergestützte Datenbewirtschaftung. Falls Angaben korrigiert werden sollten, geschah das nur noch zentral an einer Stelle, und die neuen Daten waren anschliessend sofort verfügbar. Der Datentopf belieferte nun alle Anwendungen, ganz gleich ob es sich um firmeninterne Programme, Partnershops, Kunden oder Websites handelt.

GS1 trustbox massgeblich mitentwickelt
Der nächste Meilenstein in der Weiterentwicklung des Systems stand 2014 an, als die EU-Gesetzgebung die Hersteller zur Lieferung aktueller Artikeldaten an Onlinehändler verpflichtete. GS1 Switzerland adressierte die Herausforderung des Datenaustauschs mit der Lancierung von trustbox als neutrale und vertrauenswürdige Plattform für Hersteller und Händler. Viele Unternehmen hatten aber firmenintern noch gar keine Produktdatenbank, wie sie bei Hug bereits seit Jahren vorhanden war. Für Hug war trustbox eigentlich bloss ein weiterer Datenempfänger, der angeschlossen werden sollte. So verwundert es nicht, dass sich Gisler in diesem frühen Stadium von trustbox bereits in der GS1 Arbeitsgruppe engagierte, welche die Inhalte für die Plattform und die Schnittstelle erarbeitete. Die von Hug entwickelte Schnittstelle wurde dann rasch als Standard für trustbox eingeführt. «Es ging mir dabei auch um den Investitionsschutz für unsere eigene, bereits vorhandene Datenbank», bemerkt Gisler.

So konnte Hug seinen Kunden schon früh mitteilen, dass der Produktdatenbezug ab trustbox möglich sei. Anfänglich lagen recht wenige Daten auf trustbox, doch das änderte sich in den kommenden Jahren rasch. Mittlerweile sind dort rund 38 000 Artikel von 360 Unternehmen erfasst. trustbox nimmt heute die Position als kostengünstige und grösste Plattform für den Austausch von vertrauenswürdigen, aktuellen und vollständigen Produktinformationen in der Schweiz ein. Produzierende KMUs können ihre Daten manuell oder per Schnittstelle anliefern und Datenempfänger aus verschiedensten Branchen erreichen. Der Handel realisierte allmählich die sich daraus ergebenden Vorteile, da er dort herstellerübergreifend Daten beziehen kann.

Weltweite Kommunikation mit GDSN
Einigen grossen Kunden reichte der trustbox-Datenpool aber nicht, da er lediglich B2C-Daten umfasst und beispielsweise keine Logistikdaten wie Verpackungsgrössen enthält. Für Hug galt es, sich dieser Herausforderung zu stellen. Die neuen Anforderungen machten eine tiefgreifende Umgestaltung der zentralen Datenbank nötig, die bisher nicht GDSN-konform aufgebaut war.

Hug meisterte das durch den Rückgriff auf das Product-Information-Management- System Syncworks von Contentis aus Rheinfelden. Der Weg der Daten sieht nun so aus: Sie werden aus Hugs ERP (z. B. Produktrezeptur) täglich ins Warenwirtschaftsprogramm Signum exportiert. Dort wird auf Basis der Rezeptur eine Zutatenliste erstellt, die Nährwerte werden berechnet, Produktinfos und Allergeninfos hinterlegt. Die kombinierten Datensätze aus ERP und Signum werden in GDSN «übersetzt» und an Syncworks gesendet. Von dort fliessen sie an GloLib, die einzige GDSN-zertifizierte Datenbank in der Deutschschweiz. Nun erfolgt der Datenaustausch mit Kunden und Konsumenten mittels trustbox oder einer anderen der weltweit etwa 45 gleichartigen GDSN-Datenbanken.

Positives Fazit – Geschäftsleitung ist gefordert
«Unsere Datenempfänger sind sehr zufrieden mit der Datenqualität», stellt Renzo Smania fest, Mitarbeiter im Qualitätsmanagement bei Hug. Unternehmensintern hat die digitale Datenverwaltung eine grosse Zeitersparnis gebracht. Korrekturen sind einfach, zentral und vor allem sehr zeitnah möglich. «Stammdaten werden immer mehr zu einem Produktbestandteil, wie Zutaten oder die Verpackung», sagt Smania.

So sieht das auch Gisler: Der Bezug solcher Daten sei heute schon eine Selbstverständlichkeit. Aus seiner langjährigen Erfahrung mit Stammdaten weiss er, dass es sich dabei um ein Thema handelt, dessen Bedeutung im Management erkannt werden muss, wenn eine Firma damit erfolgreich sein will. «Wenn es harzt, dann nimmt die Geschäftsleitung das Thema Stammdaten nicht wichtig genug», sagt er. Da zumeist verschiedene Abteilungen an der Stammdatenpflege beteiligt sind, sind die Schulung und die lückenlose Dokumentation der erforderlichen Arbeitsschritte wichtig. Weitere Erfolgsfaktoren sind genügend Ressourcen sowie klar geregelte Zuständigkeiten. Für Aufbau und Pflege der Schnittstellen sind nur wenige Mitarbeitende nötig. «Je weniger Köche, desto besser der Brei», meint Gisler schmunzelnd.

Alexander Saheb

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